Santiago de Chile – In Chile haben erstmals Beteiligte an der Diktatur von Augusto Pinochet bei den Opfern um Vergebung gebeten, was von Opferangehörigen allerdings als Farce kritisiert wurde. Neun frühere Diktatur-Vertreter brachten ihre Entschuldigung am Freitag (Ortszeit) während einer privaten religiösen Zeremonie im Gefängnis Punto Peuco vor.

Dort verbüßen etwa hundert ehemalige Verantwortliche des Pinochet-Regimes Haftstrafen wegen Entführungen, Folter und Mordes.

Zu den neun Häftlingen gehörte Raul Iturriaga, der während der Pinochet-Diktatur (1973 bis 1990) eine führende Rolle in der politischen Polizei hatte. Die Zeremonie fand unter Ausschluss von Medienvertretern statt. "Gott tut in diesem Land etwas Außergewöhnliches", sagte der anglikanische Pastor Pablo Alvarez nach der Zeremonie vor Journalisten über die Entschuldigungen. "Das wäre bis vor kurzem nicht möglich gewesen."

"Hohle Geste"

Vor dem Gefängnis demonstrierten Dutzende Opferangehörige gegen die Zeremonie. Aus ihrer Sicht handelt es sich bei den Entschuldigungen nur um eine hohle Geste, mit denen die Inhaftierten eine Begnadigung oder eine vorzeitige Haftentlassung erwirken wollten. "Wir haben das Recht und die moralische Pflicht, hier zu sein, um diese Medienshow zu verhindern", sagte Alicia Lira, die eine Organisation für Opferangehörige leitet.

Die Angehörigen hoben hervor, dass keiner der Verurteilten Informationen zum Verbleib von etwa tausend Menschen geliefert habe, die seit der Pinochet-Diktatur vermisst werden und vermutlich ermordet wurden. Die Demonstranten forderten überdies die Schließung von Punto Peuco, das mit Extras wie Tennisplätzen und Terrassen eine Luxus-Haftanstalt sei.

Während Pinochets Herrschaft wurden mehr als 3.000 mutmaßliche Regierungsgegner getötet oder sie verschwanden. Etwa 38.000 Menschen wurden gefoltert. Pinochet starb im Jahr 2006, ohne von der Justiz zur Rechenschaft gezogen worden zu sein. (APA, 24.12.2016)