Gewichtiger Stein des Anstoßes für die Architektenschaft: die Pläne für das Heumarkt-Areal.

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Wien – Es gehe nicht um das vieldiskutierte Areal auf dem Heumarkt, das laut neuen Plänen aus einem 66 Meter hohen Turm und einem Neubau des Intercont bestehen soll. Auch die gleichfalls umstrittenen Danube Flats, der höchste Wohnturm Wiens mit 520 geplanten Wohnungen, seien nicht alleiniger Stein des Anstoßes.

Am Ende ging es aber bei der Pressekonferenz, zu der die Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Wien, Niederösterreich und das Burgenland am Mittwoch geladen hatte, doch darum: "Wir sind in Wien an einem Punkt angelangt, an dem sich Grundstückseigentümer ihre Bebauungsbestimmungen selber schreiben", kritisierte Christoph Mayrhofer, Vorsitzender der Sektion Architekten. Die Anzahl solcher Projekte sei in den vergangenen Jahren "exorbitant gestiegen". Was fehle, sei eine vorausschauende Stadtplanung.

Änderungen der Flächenwidmungs- und Bebauungspläne, wie bei den genannten Projekten, dürften laut Gesetz "einzig und allein im öffentlichen Interesse" erfolgen. Immer öfter würden jedoch einzelne Grundstücke anlassbezogen umgewidmet. Das Interesse eines Investors, das zur Verfügung stehende Areal auszunutzen, sei zwar legitim. "Aber dass die Stadt das so umsetzt und sich nicht nach dem öffentlichen Interesse richtet, ist ein Zustand, der eigent-lich eines Rechtsstaats nicht würdig ist", so Mayrhofer.

Projekte, die markante Auswirkungen auf das Stadtbild haben und eine Änderung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplans vorsehen, werden dem Fachbeirat für Stadtplanung und Stadtgestaltung vorgelegt. Erst vergangene Woche befand das zwölfköpfige Expertengremium die überarbeiteten Pläne für das Intercont am Heumarkt für akzeptabel.

Drei der Mitglieder dieses Fachbeirats sind Architekten, eines von ihnen ist Hemma Fasch. Einer ihrer Kritikpunkte am Status quo: Die ehrenamtlichen Mitglieder würden die umfangreichen Unterlagen zu den einzelnen Projekten erst "fünf bis sieben Tage" vor der Sitzung bekommen. Zu wenig Zeit, um sich ausreichend einzuarbeiten, findet Fasch. Im Gremium selbst sei dann mitunter auch nur "etwa eine halbe Stunde Zeit" zur Entscheidungsfindung, auch für sehr großflächige Projekte. "Ich sehe meine Arbeit daher als nicht mehr seriös erledigbar" , fasste die Architektin zusammen.

Die Änderungsvorschläge der Architekten inkludieren auch eine stärkere Einbindung des Fachbeirats als Beobachter bei der Projektentwicklung. Zur Sicherung der Unabhängigkeit der Mitglieder wurde ein Arbeitsverbot für die Dauer der Mitgliedschaft im Fachbeirat für die Stadt vorgeschlagen. "Die Wiener Architekten werden dann vielleicht nicht in den Beirat gehen", sagte Bernhard Sommer, Vizepräsident der Kammer, dazu. "Aber es gibt weltweit Architekten."

Kommunikation vermisst

Die "fast sozialpartnerschaftliche Zusammensetzung" des Beirats, festgeschrieben in der Wiener Bauordnung, findet Mayrhofer problematisch, weil der fachliche Background mitunter fehle. Auch die direkte Kommunikation mit den Entscheidungsträgern vermisst Fasch.

Rüdiger Lainer, Architekt und Vorsitzender des Fachbeirats, sagte auf STANDARD-Anfrage, dass er die Kritik zwar akzeptiere. Bei der Entscheidungsfindung bezüglich des Heumarkt-Areals sei aber ausreichend Zeit gewesen. Auch eine fachliche Durchmischung in diesem Gremium findet er gut.

Als "nicht nachvollziehbar" wies der Wiener Planungsdirektor Thomas Madreiter in einer Aussendung den erhobenen Vorwurf einer bauplatzbezogenen Flächenwidmung zurück. Außerdem gebe es "Prozesse der internen und externen Qualitätssicherung, von denen der Fachbeirat ein wesentlicher, aber nicht der einzige Bestandteil ist". (zof, 21.12.2016)