Eisenstadt – Just in der behindertenfreundlichsten Zeit des Jahres – der Vorweihnachtszeit – ändert das Burgenland seine Sozialpolitik im Hinblick auf behinderte Kinder. Durch eine deutliche Verschärfung der Richtlinien betreffend Unterstützung behinderter Kinder in Schulen wird der Zugang zur Bildung für diese Kinder wesentlich erschwert. Dass Familien mit behinderten Kindern auch finanziell über Gebühr belastet sind und nicht zu den Wohlhabendsten im Lande gehören, ist eine Tatsache, erklärt der Zivilinvalidenverband (ÖZIV). Dennoch erschwere die neue Rechtslage den Zugang zur Bildung für behinderte Kinder, indem es nicht nur (wie bisher) einen Teil des Pflegegeldes einbehält, sondern zusätzlich auch noch auf das Familieneinkommen greift.

Kostenbeitrag für Pflegeleistungen

Die burgenländische Sozialpolitik – sie liegt in den Händen des Sozialdemokraten Norbert Darabos – sieht sich zu Unrecht angegriffen: Nicht der Schulbesuch an sich werde teurer. Vielmehr gehe es darum, die zusätzliche pflegerische Betreuung der Kinder zu finanzieren. Die neue Regelung greife auch erst ab einem bestimmten Haushaltsnettoeinkommen, argumentiert Darabos. Familien, die zwischen 2000 und 3500 Euro Einkommen haben, müssen drei Prozent davon für die Integrationshilfe zahlen, ab dem 3501. Euro werden sechs Prozent fällig. Finanziell schwache Haushalte hätten keinen Beitrag zu zahlen, bis auf die Prozente vom Pflegegeld.

Bisher wurden zehn Prozent des Pflegegeldes bei einer Vormittagsbetreuung einbehalten, 20 Prozent bei einer ganztägigen Betreuung. Sozialverträglichkeitsprüfungen oder Ähnliches sind in den neuen Richtlinien gar nicht enthalten. Darüber hinaus werden gewisse Behinderungsformen per Gesetz als nicht förderungswürdig ausgeschlossen.

Diskriminierende Regelung

Diese Regelungen sind massiv diskriminierend und widersprechen laut ÖZIV deutlich den Intentionen der UN-Behindertenrechtskonvention, die in Österreich seit 2008 in Kraft ist.

Die UN-Behindertenrechtskonvention schreibt die Einrichtung sogenannter Monitoring-Ausschüsse in den einzelnen Ländern zwingend vor. Wesentliche Aufgabe dieser Ausschüsse ist die kritische Beobachtung der sozialen und rechtlichen Situation behinderter Menschen und wenn nötig deutliche Akzentsetzungen gegenüber Gesetzgebung und Gesellschaft.

Monitoring-Ausschuss zur Kontrolle

Obwohl Österreich die UN-Konvention bereits 2007 ratifiziert hat, hat es im Burgenland geraume Zeit gedauert, einen Monitoring-Ausschuss zu installieren. Jetzt gibt es ihn! Wenngleich der burgenländische Monitoring-Ausschuss in einer gewissen Nähe zur Landesregierung eingerichtet ist, sei davon auszugehen, dass der Ausschuss im Sinne seiner ureigensten Aufgabe auf die rechtliche Entwicklung betreffend behinderte Kinder in Schulen umgehend reagieren wird, sagt der ÖZIV. Eine entsprechende Reaktion sei nicht nur gegenüber dem Gesetzgeber, sondern auch gegenüber der Öffentlichkeit zu erwarten. Dass diese Reaktion nur sehr kritisch und mit dem zwingenden Wunsch nach einer Rücknahme der jüngsten Maßnahmen verbunden sein werde, verstehe sich aus der Aufgabenstellung des Ausschusses von selbst.

Auf die Frage, warum die Kosten überhaupt neu geregelt wurden, ergebe sich derzeit keine sinnvolle, nachvollziehbare Antwort. Sollte damit Budgetsanierung betrieben werden, wäre das gleichbedeutend mit der Auslagerung sozialer Verantwortung an die Seitenblicke- Licht ins Dunkel– und Weihnachterl-Gesellschaft: ein unhaltbarer Zustand, der behinderten Kindern keinen Rechtsanspruch gewährt, sondern sie in den Bereich des Glücksspiels und des Zufalls verweist, sagt der ÖZIV.

Nie werde das Wort Inklusion öfter in den Mund genommen als gerade jetzt vor Weihnachten. Dass diese Regelungen das Gegenteil von Inklusion bedeuten, nämlich den erschwerten Zugang zur Bildung für behinderte Kinder – und das im Jahr der Bildung – scheine dabei keine Rolle zu spielen. (red, 21.12.2016)