Cousteau (Lambert Wilson) als Vater.

Foto: Jean-Marie Leroy / DCM

Wien – Sein Markenzeichen war die rote Pudelmütze. Mit ihr stach er jedoch nicht in See, denn eigentlich trug er sie nur für jene, die an Land geblieben waren. Auf den ersten Blick sollte man ihn und seine Crew in seinen Filmen erkennen, die Abenteurer und Aussteiger, die mit der "Calypso", einem ehemaligen Minensuchboot, die Weltmeere befuhren. Denn Jacques-Yves Cousteau war nicht nur Taucher, Ozeanograf und Forscher, sondern auch begnadeter Selbstdarsteller.

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Eine gute Voraussetzung für ein Biopic, möchte man meinen, denn eines gelang dem 1910 in Südfrankreich geborenen Cousteau zeit seines Lebens – dieses aufregend zu gestalten, auch wenn er damit nicht nur Bewunderung auf sich zog. Seine Popularität forderte Widerspruch heraus, sein Führungsstil war nicht eben von Selbstkritik geprägt. Und doch oder gerade deshalb war er ein Star des europäischen Dokumentarfilms der Nachkriegsjahre, für Die schweigende Welt (gemeinsam mit Louis Malle) gewann er Goldene Palme und Oscar, seine Geheimnisse des Meeres liefen dreizehn Jahre lang im deutschen Fernsehen. Es war die Hohezeit der exotischen Tierwelt im Wohnzimmer, als man in Europa immerhin zu ahnen begann, dass die Serengeti nicht sterben darf.

Doch nichts kann langweiliger sein als ein Film über einen Filmemacher, so schön können die Bilder beider gar nicht sein. Zum Glück für Regisseur Jérôme Salle war Cousteau mehr als das, nämlich eine komplizierte, komplexe Persönlichkeit, die den Wettstreit – unter anderem mit seinem österreichischen Konkurrenten Hans Hass – und die Herausforderung suchte.

Kein hagiografisches Podest

Für Jacques hat sich Salle dafür entschieden, das Leben Cousteaus in Skizzen zu erzählen. Und damit von Beginn an jeder Psychologisierung aus dem Weg zu gehen, wohl wissend, dass er sich auch knapp zwanzig Jahre nach Cousteaus Tod mit einer Kinobiografie über den umstrittenen Populisten auf einem schmalen Grat bewegt. Denn diesem Mann, der seine Unternehmungen von französischen Ölkonzernen finanzieren ließ und die Atomversuche auf dem Mururoa-Atoll für unbedenklich erklärte, ein hagiografisches Podest zu bauen, wäre ohnehin unmöglich.

Weshalb sich auch Lambert Wilson wohl dafür entschieden hat, Cousteau als großen Undurchschaubaren zu spielen: als fürsorglichen und liebevollen, aber auch als unnachgiebigen, eitlen und arroganten Menschen. Als patriarchalen Familienvater, der den beiden kleinen Söhnen das Tauchen beibringt, lernt man ihn kennen, und doch lebt er wenig später mit seiner Frau Simone (Audrey Tautou) den großen Traum der Freiheit auf See – und lässt die Kinder im Internat zurück. Die Beziehung zum jüngeren Philippe (Pierre Niney) entwickelt sich in der Folge zum roten Faden dieses Films und zur Belastungsprobe für Vater und Sohn.

Doch irgendwann überträgt sich die Ambivalenz, mit der dieser Film Jacques Cousteau begegnet, auf ihn selbst. Jacques erzählt von den vielen Gesichtern Cousteaus, die doch kein Gesamtbild ergeben. Und bleibt, anstatt sich in der Tiefe umzusehen, lieber an der sicheren Oberfläche. (Michael Pekler, 19.12.2016)