Kreatives Festklammern am Stummfilm: Für "City Lights" schuf Chaplin zwar eine eigene Tonspur, die Dialoge musste man aber noch als Zwischentitel lesen.

Foto: Filmarchiv Austria

Wien – Bevor der Ton zum Film kam, war er Musik. Denn stumm war es im Kino nie. Und doch bedeutete der Beginn der Tonfilmära bis vor wenigen Jahren die wichtigste Zäsur in der Filmgeschichte.

Ähnlich der Umstellung auf das digitale Format kam auch Ende der 1920er-Jahre jene auf den Tonfilm nicht über Nacht, sondern dauerte beinahe ein Jahrzehnt. "Ich gebe den Talkies drei Jahre, höchstens", meinte Charlie Chaplin noch 1931, doch das war mehr persönlicher Wunsch als realistische Prognose.

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Denn der Tonfilm stieß keineswegs auf allgemeine Zustimmung, hatte doch die Filmkunst in ihren ersten dreißig Jahren eine universell gültige und verständliche Sprache entwickelt, die das gesprochene Wort schlichtweg nicht benötigte. Im Gegenteil hatten Filmemacher wie Chaplin oder Buster Keaton, die russischen Avantgardisten oder die deutschen Expressionisten mehr als nur eine Tugend aus der Not gemacht: Kameraführung und Montage, der schauspielerische Ausdruck, aber auch Ausstattung und Kostüm befanden sich auf dem Höhepunkt der noch jungen Kunst. Mit dem Sprechfilm, der den Schauspielern anfangs kaum Bewegungsfreiheit bot, drohe das Kino – so die Befürchtung – zum abgefilmten Theater zu werden.

Mit der Filmschau Last Silents zeigt das Filmarchiv Austria eine Auswahl an "letzten" Stummfilmen (mit Live-Musikbegleitung), die der neuen Zeit teilweise bewusst die Stirn boten und mit ihrem visuellem Einfallsreichtum bestechen, etwa Erich von Stroheims The Wedding March, Hitchcocks Blackmail, aber auch weniger bekannte Arbeiten die Anthony Asquiths A Cottage on Dartmoor.

Ein Abgesang letzter Widerständischer im vollen Bewusstsein ihrer Stärke. (Michael Pekler, 16.12.2016)