Einer Studie der MedUni Wien zufolge hat eine Virusinfektion der schwangeren Mutter nachteilige Auswirkungen auf die spätere mütterliche Fürsorge. Das kann beim Nachwuchs Depressionen auslösen, die in der Folge durch die Veränderung von genetischen Mechanismen im Gehirn auch bis in die nächste Generation reichen.

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Wien – Eine Virusinfektion der schwangeren Mutter hat nachteilige Auswirkungen auf die spätere mütterliche Fürsorge. Das kann zu Depressionen beim Nachwuchs führen, die durch die Veränderung von genetischen Mechanismen im Gehirn auch bis in die nächste Generation reichen. Das ist das Ergebnis einer Studie an der MedUni Wien, die im Journal "Brain, Behaviour and Immunity" veröffentlicht wurde.

Die Wissenschafter stimulierten im Mausmodell das Immunsystem vergleichbar mit einer Virusinfektion der schwangeren Mutter. Nach der Geburt führte das zu weniger fürsorglichem Verhalten für die Kinder. Das habe zur Folge, dass der Nachwuchs zur Entwicklung von Depressionen neigt, so die Studienautoren. Die dritte Erkenntnis ist die, dass die Kinder "wiederum auch ihrem Nachwuchs weniger Fürsorge zukommen lassen, auch ohne Infektion, und damit auch in der nächsten Generation die Entwicklung von Depressionen häufiger ist".

Epigenetische Veränderungen

"Wir konnten also zeigen, dass ein transgenerationaler (generationenübergreifend, Anm.) Effekt eintritt und dass es zu epigenetischen Veränderungen im Gehirn kommt", sagt Daniela Pollak von der Abteilung für Neurophysiologie und -pharmakologie. Dabei kommt es zu keiner Veränderung der eigentlichen DNA-Sequenz des jeweiligen Individuums. Die Veränderungen durch äußere Einflüsse – wie hier durch die mangelnde Fürsorge – treten aber in Form einer Veränderung der DNA-Methylierung (Abänderung an Grundbausteinen der Erbsubstanz einer Zelle) oder der Histonacetylierung (Modifikation der Histon-Proteine) auf. "Dabei ändern sich der regulatorischen Mechanismen, wie die Gene abgelesen werden", erläutert Pollak. Das führe zu einer nachhaltigen Verhaltensänderung bzw. zur Entwicklung einer psychischen Erkrankung.

Die Studie wurde in Kooperation mit der Neonatologin Angelika Berger von der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde der MedUni Wien durchgeführt. Weitere Forschungen sollen laut MedUni die genauen Zusammenhänge klären – etwa, ob die Infektion der Mutter bereits auch Auswirkungen auf das Gehirn des Babys und die Ausbildung einer Depression hat. Weiters soll untersucht werden, was genau im Gehirn der Mutter im Fall der Infektion passiert. Auch das Verhalten des Vaters werde in weiteren Studien miteinbezogen. (APA, red, 15.12.2016)