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Eine Magnetresonanztomografie: Im Studiengang an der FH Joanneum wird auch hinterfragt, ob die Strahlendosis im Einzelfall immer gerechtfertigt ist.

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Helmut Ritschl, Leiter des Radiologietechnologieinstituts.

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Graz – Wahrscheinlich könnten aus schlechten Schülern mit etwas Glück besonders gute Lehrer werden, wenn sie dem Bildungsbetrieb nicht so schnell wie möglich den Rücken kehrten. Es ist ein ziemlich unorthodoxer Gedanke, der sich im Gespräch mit Helmut Ritschl aufdrängt. Seit Sommer leitet der 43-jährige Niederösterreicher das Institut für Radiologietechnologie an der FH Joanneum in Graz, und wenn er über die Stationen seiner nicht ganz alltäglichen Karriere berichtet, beginnt er weit vorne: "Als Kind", erzählt er, "hatte ich große Lernschwierigkeiten." Eine maßlose Übertreibung? Nicht ganz: "Ich war in der Hauptschule in der dritten Leistungsgruppe und habe dann den polytechnischen Lehrgang besucht."

Dass er dann doch noch ins Gymnasium ging, sei dem Pfarrer zu verdanken. Der Mann hatte offenbar ein Gespür für die verborgenen Qualitäten seines Ministranten. "Wider Erwarten habe ich dann mit zweijähriger Verspätung tatsächlich maturiert", grinst Helmut Ritschl. Danach kamen Ausbildungen zum Pflegehelfer, zum OP-Gehilfen und Radiologietechnologen. Und weil sein Wissensdurst damit nicht gestillt war, hat er auch noch Medienpädagogik studiert und schließlich über Technologieakzeptanz im Gesundheitsbereich promoviert.

Mittlerweile hat sich seine einstige Schwäche in eine selten zu findende Stärke verwandelt: "Ich kann mich gut in Leute hineinversetzen, die etwas nicht verstehen", sagt er. "Deshalb weiß ich auch, wie man Lehrinhalte aufbereiten muss, damit sie dort ankommen, wo sie hinsollen."

Dass man mit Empathie und Fantasie selbst komplexes Fachwissen erfolgreich in die unterschiedlichsten Köpfe befördern kann, hat Helmut Ritschl mit seinem Vorlesebuch zur Nuklearmedizin für Kinder bewiesen. Damals arbeitete er noch im Krankenhaus Wiener Neustadt in der Nuklearmedizin und unterrichtete parallel dazu an der MTD-Akademie (Medizinisch Technischer Dienst) zu diesem Thema. Als dann die MTD-Ausbildung an die FH wanderte, wirkte Helmut Ritschl als Koordinator in diesem Bereich am Aufbau der neuen Schiene mit.

Als Radiologietechnologe ist Ritschl Experte für alle bildgebenden Untersuchungsverfahren vom konventionellen Röntgen über den Ultraschall, die Mammografie, die Computertomografie (CT), die Kernspintomografie (MRT) bis zur Funktionsdiagnostik mittels Nuklearmedizin und Positronen-Emissions-Tomografie (PET). Während seiner Tätigkeit im Krankenhaus hat er auch unzählige strahlentherapeutische Behandlungen bei Patienten mit schwersten Erkrankungen mitbetreut.

Was Helmut Ritschl an diesen medizinischen Hightech-Diagnose- und -Therapieverfahren besonders interessiert, ist die Schnittstelle zwischen Mensch und Hochtechnologie: "Die große Herausforderung für Radiologietechnologen ist es, eine Balance zwischen dem perfekten Bild und einer möglichst geringen Strahlenbelastung für den Patienten zu finden", erläutert der Studiengangsleiter. "Zum einen will man tolle Bilder abliefern, zum anderen muss man auf den Menschen eingehen, der hier untersucht bzw. behandelt wird."

Sensibilität gefragt

Auch in Hinblick auf die eingesetzten Technologien sei in diesem Beruf Sensibilität und permanente Weiterbildung gefragt. Durch die laufenden Innovationen müssen bisherige Herangehensweisen immer wieder neu gedacht werden. "Als ich an der Klinik zu arbeiten begann, hat eine Schädel-CT noch mehrere Minuten gedauert", erinnert sich Helmut Ritschl. "Heute kann man den ganzen Körper in wenigen Sekunden durchscannen – und das in einer unglaublichen Auflösung."

Allerdings müsse man sich bei jeder Innovation immer auch die Frage nach dem Mehrwert für die Patienten stellen: "Ist die Strahlendosis gerechtfertigt, die man für das Durchrechnen so feiner Ebenen einsetzt?" Dieses kritische Hinterfragen und Abwägen soll auch den Studierenden zur zweiten Natur werden.

Geht es etwa um die Verlaufskontrolle eines Knochenbruchs bei einem Kind, könne das Bild durchaus ein bisschen verrauscht sein, wenn sich dadurch die Strahlenbelastung verringert. "Wir brauchen in diesem Berufsfeld also Menschen, die mitdenken und die sich ihrer Verantwortung bewusst sind", betont Helmut Ritschl.

Was die eigenen Forschungsambitionen betrifft, setzt er vor allem auf Kooperation: "Informatiker, Medientechniker, Grafikdesigner, Simulationsmathematiker, Experten für medizinische Physik etc. können viel voneinander lernen und sollten das in gemeinsamen Projekten auch nutzen", meint der Radiologietechnologe.

Diesem Grundsatz folgend arbeitet er zurzeit mit einem Radiologen der Uni-Klinik, an die der Studiengang angebunden ist, an Verbesserungen beim Kinderröntgen. "Unser Ziel ist es, die Strahlendosis und den Stress bei den Kindern zu minimieren und die Eltern besser einzubinden." Als Vater von zwei kleinen Kindern bringt er zu seiner fachlichen Expertise wohl auch jede Menge Erfahrung aus dem wirklichen Leben mit. (Doris Griesser, 18.12.2016)