Wien – Zum dritten Mal en suite dürfte die Stadt Wien mehr als eine halbe Milliarde Euro neue Schulden pro Jahr machen. Denn auch für das Jahr 2017 wird eine Neuverschuldung von 569,6 Millionen Euro prognostiziert. Ende kommenden Jahres sollte Wien rund 6,5 Milliarden Euro Gesamtschulden angehäuft haben.

Trotz dieser Zahlen sagte Finanzstadträtin Renate Brauner (SPÖ) im Rahmen der zweitägigen Budgetdebatte am Montag im Gemeinderat, dass Kritiker der Wiener Schuldenpolitik "die Kirche im Dorf" lassen sollten. In Relation zum Bund oder zu den anderen Bundesländern stehe Wien gut da. So würde die Gesamtverschuldung nur rund 7,6 Prozent der Wiener Wirtschaftsleistung ausmachen. Die Verschuldung des Bundes mache 83 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) aus. Bei der Pro-Kopf-Verschuldung sei man im Bundesländervergleich im Mittelfeld.

Die Neuverschuldung Wiens wird laut Brauner im kommenden Jahr 0,65 Prozent der Wiener Wirtschaftsleistung betragen. Beim Bund seien es im Vergleich 1,22 Prozent des BIP.

Krise im neunten Jahr

Die Wirtschaftskrise sei "im neunten Jahr" angelangt, sagte Brauner. Dazu komme das Bevölkerungswachstum der Stadt, die hohe Investitionen nötig mache, um die Infrastruktur aufrechtzuerhalten. Für den Bereich "Bildung" werden laut Budgetvoranschlag 1,5 Milliarden Euro aufgewendet, 2,2 Milliarden Euro sind als größter Budgetteil für den Bereich "Gesundheit" vorgesehen.

Der Bereich "Soziales" steigt laut Budgetvoranschlag 2017 am stärksten – und zwar im Vergleich zum Vorjahr um weitere 250 Millionen Euro auf 1,9 Milliarden Euro. Allein über den Fonds Soziales Wien (FSW) würden mehr als eine Milliarde Euro für Pflege- und Betreuungsleistungen aufgewendet, sagte Brauner am Montag.

Mit ein Grund für die Steigerung ist auch die Entwicklung der bedarfsorientierten Mindestsicherung. Für 2016 wird – mit mehreren Nachdotierungen aufgrund der Flüchtlingskrise – mit rund 670 Millionen Euro Ausgaben gerechnet. Für 2017 sind knapp 700 Millionen Euro budgetiert. Brauner sprach von einer "großen politischen, sozialen und finanziellen Herausforderung".

Kein Kompromiss in Sicht

Trotz des immer aussichtsloser werdenden Ziels sprach sich Brauner weiter dafür aus, eine bundeseinheitliche Regelung bei der Mindestsicherung zu erreichen. Für Verhandlungen bleiben Wien aber nur noch wenige Tage Zeit. Derzeit ist von keinem Kompromiss auszugehen. Eine Reform der Mindestsicherung in Wien, etwa eine angedachte Wartefrist, erwähnte Brauner in ihrer Budgetrede aber nicht.

Opposition mit vernichtenden Worten

Während der grüne Klubobmann David Ellensohn für Brauner in die Bresche sprang und das Zahlenwerk verteidigte, kamen von den Oppositionsparteien vernichtende Worte. Für Wiens ÖVP-Chef Gernot Blümel ist Brauner in die andauernde Wirtschaftskrise verliebt. Das gebe ihr die Möglichkeit, keine nötigen Reformen angehen zu müssen.

Vizebürgermeister Johann Gudenus (FPÖ) verwies auf die rot-grüne Willkommenskultur, die Arbeitslosigkeit importiere. Er forderte, "Politik für die eigene Bevölkerung" zu betreiben. Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger ging davon aus, dass die Neuverschuldung 2017 nicht 570, sondern 700 Millionen Euro betragen wird. (David Krutzler 12.12.2016)