Auch abgesehen vom Thema Nummer eins wussten Medien diese Woche allerhand Seltsames aus Österreich zu berichten. Der "Kronen Zeitung" war kaum ihr Liebling Norbert Gerwald abhandengekommen – eine Art von Enttäuschung, mit der sie nach vielen einschlägigen Erfahrungen leben gelernt hat -, schon ließ sie ihrem kommenden Liebling eine Erhöhung zuteilwerden. "Auch Nutzung der Atomkraft zur Energiegewinnung stellt unsere Sicherheit vor ernste Herausforderungen", zitierte sie Dienstag. Kronzeuge dieser tiefen Erkenntnis unserer ernst herausgeforderten Sicherheit war niemand anderer als: Österreichs forscher Außenminister Dr. Sebastian Kurz. Dessen Forschheit wird doch nicht so forsch gewesen sein, dass er sich selber einen Doktortitel zugelegt hat, ohne fertigstudiert zu haben? Aber irgendwann einmal, wenn er die Bürde des Außenministeriums, vor allem aber die eines erfolgreichen ÖVP-Obmannes abgeschüttelt haben wird, wird er den hohen akademischen Ansprüchen der "Krone" sicher gerecht werden.

Dass Erwin Pröll mit dem Herrn Sobotka eine Skurrilität an den Bund abgegeben hat, hat sich so weit herumgesprochen, dass er kaum noch zu überraschen vermag. Diesmal gelang es ihm doch. Am einzigen Tag seiner Amtszeit, an dem ein Innenminister wirklich an seinem Arbeitsplatz zu weilen hat, einem Wahltag, zog Sobotka es vor, sein edles Haupt im deutschen Fernsehen zu präsentieren. Nach dem glatten Verlauf der vorigen Wahl war das kein Risiko, und Deutschland kennt Österreich jetzt viel besser.

Interessant war auch die Meldung in der amtlichen "Wiener Zeitung" vom Donnerstag: Bund schenkt Land Salzburg seine Festung. Kanzleramtsminister Thomas Drozda (SPÖ) verkündete, dass der Bund dem Land nun einen Teil seines historischen Immobilienbesitzes schenkt – darunter die Festung Hohensalzburg und die Neue Residenz. Ob das aus guter Laune des Kanzleramtsministers ob des Van-der-Bellen-Sieges heraus geschah oder ob es für dieses Geschenk auch irgendeine gesetzliche Grundlage gibt, verbarg die "Wiener Zeitung" ihren Leserinnen und Lesern. Vielleicht tat er es für das Bundesbudget – der Krempel dürfte ja doch nur Geld verschlingen. Vielleicht war der Minister aber auch nur des seit Jahren schwelenden Konflikts über das Vermögen aus der Monarchie müde und wollte einmal rasch entscheiden. Bravo Republik!

Wahlanalysen

Hauptthema der medialen Betrachtungen waren aber, nicht überraschend, die Wahlanalysen. Hier die zwei schärfsten. Die eine aus der Feder des freiheitlichen Chefideologen Andreas Mölzer, der kurz vor dem Wahltag Norbert Hofer hinter dem Text Hofburg-Wahl: Einer von uns! mit strahlendem Siegerlächeln auf dem Cover von "Zur Zeit" abbilden ließ. Diesen Irrtum vertiefte er in einem Editorial mit dem mythologisch ungenauen Titel Vom Ende eines Sisyphos-Wahlkampfes. Hätte Sisyphos den Stein nur dreimal den Berg hinaufgewälzt, niemand hätte ihn als glücklichen Menschen gesehen.

Egal. Noch nie, so Mölzer, ist es vorgekommen, dass bei drei Wahlgängen eine Mehrheit der Österreicher bei einem freiheitlichen Kandidaten ihr Kreuz gemacht hat. Beweis: Etwa 36 Prozent beim ersten Wahlgang, nahezu 50 Prozent beim zweiten Wahlgang und wohl ähnlich viele, wenn nicht sogar mehr beim dritten, das werden wir ja sehen. Man weiß ja, dass Österreichs Kinder schlecht in Mathematik sind, aber bei diesem Rechenkünstler möchte man pädagogisch zur Faschismuskeule greifen. Nur Senilität wäre eine Entschuldigung. Aber immerhin wusste Mölzer: Norbert Hofer wird zweifellos ein ehrenwerter, ein duldsamer und toleranter, eben ein freiheitsliebender, ein freisinniger, freiheitlicher Bundespräsident sein. Aber ja, sobald Mölzer addieren gelernt hat.

Die andere Wahlanalyse bot "Die Presse" aus der Feder von Kurt Kotrschal, Zoologe an der Uni Wien. Seine Erleichterung über die Wahl Alexander Van der Bellens, auch aus der Perspektive der Wissenschaft, förderte Interessantes zutage. Den Vormarsch der Faune befördern mehr als alles andere die arroganten Kasten des Geistes, die gern vergessen, dass Menschensein mehr bedeutet als Ratio. Liegt in der Misere vielleicht die Chance, dass Apollo und Dionysos sich an der Allianz von Nikolaus und Krampus ein Beispiel nehmen?

Oder liegt die Chance in der Misere, dass sich Faun Strache ein Beispiel an der Allianz von Sisyphos und Christkind nimmt. Wer weiß? (Günter Traxler, 11.12.2016)