Die Schmuckstücke der Emaillemanufaktur Frey Wille werden seit 1951 in Handarbeit im Wiener Bezirk Mariahilf gefertigt.

Foto: HO

Wien – Gibt es österreichische Unternehmer, die mit den Steuerregeln des Landes zufrieden sind? "Ich habe diesbezüglich keine Klagen, wir haben eine faire steuerliche Gesetzgebung", sagt Friedrich Wille, Chef und Eigentümer der Wiener Schmuckmanufaktur Frey Wille. Lediglich die Körperschaftssteuer dürfte niedriger sein, doch schaue man sich in Europa um, gehe es ohnehin in diese Richtung.

Doch Österreich ist für das exportorientierte Unternehmen ohnehin eine der geringeren Herausforderungen. Der Schmuckspezialist, der weltweit rund 550 Menschen beschäftigt, ist auf vier Kontinenten mit 85 Boutiquen präsent.

Durch Ukraine-Krise und Rubelabwertung musste das Geschäft in Russland und mit russischen Touristen, das ein Drittel zum Gesamtumsatz beitrug, schwere Einbußen hinnehmen. Detaillierte Zahlen gibt Wille nicht preis. Durch die Bereinigung einiger Missstände (unter anderem habe das russische Management übermäßig teure Geschäftsräume angemietet) sei es zumindest gelungen, heuer wieder einen kleinen Gewinn zu erwirtschaften.

Verwässerte Ergebnisse

Verwässert seien die Ergebnisse des Luxusschmuckherstellers auch durch die Terroranschläge in Belgien und Frankreich oder die Attentate in Deutschland worden, die Wille unter "Immigrationskrise" subsumiert. "Die Kunden sind verunsichert, gehen nicht mehr so gern einkaufen und legen ihr Geld lieber auf die hohe Kante", sagt der gelernte Jurist und Wirtschaftsprüfer. Allein in Deutschland verzeichne die Juwelierbranche heuer ein Minus von acht Prozent, in Frankreich seien die Rückgänge noch drastischer. Er betont, begeisterter Europäer zu sein, in der Einwanderungspolitik habe Europa aber völlig versagt, fügt er hinzu.

Aller Krisen zum Trotz geht der Firmenchef heuer von einem "stabilen Geschäftsjahr" aus. Nicht unbeteiligt daran sind die Briten. Die ersten Wochen nach dem Referendum zum EU-Austritt und der Pfundabwertung in Folge hätten sich die Umsätze in der Londoner Boutique verdoppelt. Auch jetzt lägen sie noch die Hälfte über den vergleichbaren Vorjahresverkäufen, berichtet Wille.

Hoffnung in den Onlinemarkt

Gut funktioniere auch die Onlineschiene – gegen die er sich lange gesträubt habe, wie er zugibt. Ende 2014 in einigen Ländern gestartet und im Vorjahr – bis auf Asien – ausgeweitet, habe sich der über das Internet lukrierte Umsatz heuer verdoppelt.

Über seinen Schatten gesprungen ist Wille auch hinsichtlich der Präsenz in Outlets. Seit 2015 wird im burgenländischen Parndorf verkauft, seit kurzem hängt die geflügelte Sphinx, das Firmenlogo, auch im niederländischen Outlet Roermond bei Maastricht, ein Abverkaufscenter in Marseille soll folgen. Verkauft werden hier "Kollektionen aus früheren Zeiten".

Für die – analoge – Expansion setzt Frey Wille auf Partnerschaften. Aktuell ist das Unternehmen bei 60 Juwelieren in Frankreich, in Deutschland bei 30 vertreten, der sogenannte En-gros-Markt soll 2017 ausgedehnt werden.

Österreich bleibt Standort

Bei aller Globalität steht für den Firmenchef eines fest: Österreich bleibt mit derzeit 120 Mitarbeitern der Standort. Zwar hat das Unternehmen vor einigen Jahren einen kleinen Teil der Produktion von Wien-Mariahilf in die Slowakei verlegt. Doch dies sei letztlich die Folge eines Streits mit dem Vermieter in Wien, der Immofinanz, gewesen. Zwar habe man den mehrjährigen Prozess gewonnen, doch zusätzlichen Raum im traditionellen Firmensitz halt nicht mehr bekommen

Seit rund 40 Jahren prägt Friedrich Wille das 1951 von der Künstlerin Michaela Frey gegründeten Betrieb, der mit der Fertigung von Ziergegenständen und Schmuck mit meist folkloristischen Motiven in Emailtechnik begonnen hatte. Die künstlerische Gestaltung obliegt der Designerin Simone Grünberger, die Wille nach dem Tod Freys 1980 ins Unternehmen holte und später heiratete.

Jetzt steht der 76-Jährige vor der vielleicht größten Herausforderung seines beruflichen Lebens: der Nachfolgersuche. Dass eines seiner Kinder übernehmen wird, glaubt er nicht mehr. "Für die weitere Globalisierung unseres Unternehmens wäre es wichtig, wenn wir einen großen Player als Investor gewinnen könnten", sinniert er. Doch müsse dieser die Besonderheit der Schmuckstücke, Wien als Standort und die Kunst genauso schätzen wie er.(Karin Tzschentke, 9.12.2016)