Ein glückliches Brautpaar, ein Klick, ein Upload, und schon werden die Fotos bearbeitet – in Indien.

Foto: APA/LUIS ROBAYO

Wien – Digitale Bildbearbeitung ist sehr zeitaufwendig. Weltweit setzen Fotografen deshalb auf Outsourcing und lagern den Arbeitsschritt in Niedriglohnländer wie Indien aus. Dadurch könnten sie sich auf ihr ursprüngliches Handwerk konzentrieren, sagt Fotografin Pia Clodi. Die Bildbearbeitungsagenturen übernehmen die Auswahl der Bilder, die Farbkorrektur und retuschieren Hautunreinheiten weg. Das Auslagern von dienstleistungsintensiven Sektoren im digitalen Bereich ist keine Neuheit: Kundenhotlines und Softwareentwicklung werden bereits seit Jahrzehnten in Länder verlagert, in denen Personalkosten niedrig sind.

Zahlreiche dieser Anbieter befinden sich in Indien. Die niedrigen Lohnkosten des Landes spiegeln sich in den Preisen für die Dienstleistung wider: Ab zehn Cent pro Bild werden Fotografien bearbeitet. Kosten für Rotaugenkorrektur, Hautbildverfeinerung und Betitelung werden meistens zusätzlich verrechnet. Viele Agenturen rühmen sich damit, 365 Tage im Jahr und 24 Stunden am Tag zu arbeiten. So können sie ein internationales Kundenspektrum abdecken: Je nach Tageszeit trudeln Fotos aus Australien, Nordamerika und Europa ein.

Der Outsourcingprozess ist simpel: Fotografen laden ihre Bilder auf den Server der Agenturen, je nach Unternehmen sind diese ein bis fünf Tage später aussortiert und fertig bearbeitet. Die Kunden erhalten ihre Fotos dann über Cloud-Speicher. Vor allem bei Hochzeits-, Event- und Katalogfotografen, die hunderte Fotos auf einmal schießen, ist die kostengünstige Bearbeitung beliebt.

Kulturelle Unterschiede

"Unsere Angestellten erhalten eine dreimonatige Ausbildung in unserem Betrieb", erzählt Hezikiah de Souza, Geschäftsführer der indischen Agentur Pro Image Editors im Gespräch mit dem STANDARD. Neben Bildbearbeitung stehe auch "Kulturelles Verständnis" auf dem Lehrplan. Der Kurs soll den Mitarbeitern Hochzeitsbräuche aus Europa, Asien und Amerika näherbringen. Dieses Wissen benötigten sie, um wichtige Momente aus den tausenden Hochzeitsfotos auszuwählen, erklärt de Souza. Auch unterschiedliche kulturelle Präferenzen würde der Kurs vermitteln. Denn bevorzugte Hauttöne und Farbgebungen auf Bildern variieren von Land zu Land.

Die Bearbeitung durch sein Unternehmen koste nur ein Fünftel bis ein Viertel des Preises in den USA oder Europa, sagt de Souza. Dennoch würden seine Angestellten über dem für Indien üblichen Lohn vergütet, inklusive Urlaubsanspruch. Außerdem lade er seine Kunden nach Mumbai ein, damit sie sich vor Ort ein Bild über die Arbeitsbedingungen machen können. Im Allgemeinen ist über die Arbeitsverhältnisse in indischen Agenturen wenig bekannt.

Anbieter überprüfen

Die deutsche Hochzeitsfotografin Nadia Meli hat die Bildbearbeitung schon vor fünf Jahren nach Indien verlagert. Gerade im Sommer, wenn viel Hochzeiten anfallen, kam sie mit der Bearbeitung selbst nicht mehr nach.

Insgesamt hat Meli drei verschiedene Anbieter ausprobiert, bis sie einen vertrauenswürdigen gefunden hatte: "Man kann nicht erwarten, dass es sofort bei dem ersten Auftrag perfekt läuft", erzählt die Fotografin. Jede seriöse Firma würde aber einen kostenlosen Bildbearbeitungstest anbieten. Aus dem Outsourcing mache sie kein Geheimnis, ihre Kunden wüssten über den Datentransfer Bescheid.

Analoger Transfer

Auslagern betrifft nicht nur die digitale Fotografie: Hochzeitsfotografin Clodi, die ausschließlich analog fotografiert, schickt ihre Filmrollen zur Bearbeitung nach Valencia. Dort werden sie von einem spanischen Unternehmen entwickelt und für die digitale Verwendung gescannt: "Meistens sind das hunderte Fotos auf einmal. Solche Mengen bekommt kein Labor in Österreich so schnell zustande," erzählt die Fotografin.

Auch sie hat in der Vergangenheit einmal mit einem Billiganbieter aus Indien gearbeitet, war von der Erfahrung aber enttäuscht: "Unsere ästhetischen Anforderungen lagen weit auseinander." Für den Look eines Fotos arbeitet sie deshalb wieder mit einem heimischen Unternehmen zusammen. Kleine Bildretuschen, wie das Entfernen von ungewünschten Gegenständen in einem Bild, gibt sie durch Crowdworking ab. Dabei bieten mehrere Bildbearbeiter online ihre Dienste für einen Retuscheauftrag an, Arbeitgeber können zwischen verschiedenen Portfolios und Preisen einen Bearbeiter aussuchen.

Datenschutz spielt für Clodi eine wichtige Rolle – immerhin zeigen die Fotos ihre Kunden. Das spanische Labor hat deshalb eine Geheimhaltungsvereinbarung unterzeichnet. Auch de Souzas Unternehmen legt großen Wert auf Datenschutz: Die Computer seiner Agentur verfügen über keine USB-Ports, sagt der Unternehmer. Auch Mobiltelefone wären am Arbeitsplatz verboten – so könnten vertraulichen Dateien nicht in falsche Hände geraten. (Nora Laufer, 13.12.2016)