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Vor allem starke Raucher erkranken an Lungenkrebs, mit einer regelmäßigen Untersuchung kann die Erkrankung in einem heilbaren Frühstadium erkannt werden.

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In den USA erregte kürzlich folgende Kampagne für Aufsehen: "Lung cancer screening can save your life" (Lungenkrebs-Screening kann Ihr Leben retten) stand da groß auf Plakaten. Wofür geworben wurde? Für eine regelmäßige Untersuchung von Rauchern. "Wir kennen die Hochrisikogruppe und nur Menschen aus dieser Gruppe werden aktuell in den USA in so ein Screening-Programm eingeschlossen", erklärt Christian Herold, Leiter der Universitätsklinik für Radiologie und Nuklearmedizin an der Medizinischen Universität in Wien, der auf der großen RSNA-Radiologenkonferenz Ende November die Pros und Kontras mit seinen Kollegen diskutiert hat.

Die Sachlage ist klar: Es gibt eindeutige Evidenz dafür, dass vor allem starke Raucher an Lungenkrebs erkranken. Die giftigen Stoffe in den Zigaretten verändern die Zellen in der Lunge. Wer Pech hat, schädigt sie so stark, dass ihr Genom zu irgendeinem Zeitpunkt mutiert und bösartig wird. Die maligne Zelle wächst, entwickelt ein eigenes Versorgungssystem und streut in andere Organe. Das Perfide an Lungenkrebs: Die Erkrankung wird meist erst in einem fortgeschrittenen Stadium erkannt – hat sie sich erst einmal ausgebreitet, kann sie nach dem heutigen Stand der Medizin nicht mehr geheilt werden. Deshalb sind die Überlebensraten bei Lungenkrebs ganz allgemein nicht gut.

Mit einer regelmäßigen Untersuchung von Rauchern kann Lungenkrebs in einem heilbaren Frühstadium erkannt werden. Im Rahmen des amerikanischen National Lung Screening Trials, in welchem die Risikogruppe schwerer Raucher und Ex-Raucher im Alter von 55 bis 74 Jahren eingeschlossen wurde, konnte gezeigt werden, dass Screening mit Niedrigdosis- Computertomographie die Lungenkrebssterblichkeit senken kann. Die australische Epidemiologin Stephanie A. Kovalchik von der Victoria University in Melbourne konnte die Risikogruppe sehr genau eingrenzen. "Es laufen auch weitere Studien, beispielsweise in England, deren Ergebnisse werden aber nicht vor 2022 erwartet", kann Herold berichten.

Viele kleine Herde

Die große Herausforderung aus radiologischer Sicht ist es, einen Lungenkrebs im Frühstadium auch tatsächlich als solchen zu erkennen. "Viele Raucher haben kleine Herde in der Lunge, aber etwa 96 Prozent dieser Läsionen sind kein Krebs", erklärt Herold, es erfordere enorme Erfahrung, Expertise und technische Unterstützung, diese vier Prozent erkennen zu können.

"Screening ist vor allem in den USA immer auch ein Geschäft, an dem alle teilhaben wollen", sagt Herold und verweist darauf, dass nach der Empfehlung der US Preventive Service Task Force Lungenkrebsscreenings nur an hochspezialisierten Zentren, welche eine optimale Abklärung und Behandlung der gefundenen Herde so kompetent und so schonend wie möglich vornehmen, durchgeführt werden sollen. "Denn sonst werden die positiven Screening-Ergebnisse potentiell durch Nebenwirkungen invasiver Aufarbeitung eliminiert und Screening ist keine effiziente Maßnahme", meint Herold.

Während in den USA Lungenkrebs-Screening bereits von Versicherungen bezahlt wird, wird die Einführung nationaler Screening-Programme in europäischen Staaten nur diskutiert. Die Einschränkung zukünftiger Programme auf die Höchstrisikogruppe schwerster Raucher, könnte kostengünstigeres Screening aber ermöglichen.

Nutzen für die Forschung

Für die Forschung, so Christian Herold, könnten sich aus so einem Screening allerdings neue Aspekte ergeben. Etwa wenn es um die Biologie der Krebsentstehung geht. "Wir orientieren uns als Radiologen heute unter anderem an der Größe einer Läsion", erklärt Herold, weil man wisse, dass sich zwischen Größe eines gefundenen Herdes und dessen Bösartigkeit einen Zusammenhang gibt.

Doch vielleicht gibt es auch noch andere Kriterien, etwa eine genetische Komponente. Radiomics heißt ein neuer Forschungszweig, der die Radiologie und die Genetik miteinander verbindet. Durch ein systematisches Screening könnten neue Zusammenhänge festgestellt werden und etwa die Frage, "welche morphologischen Veränderungen im Lungengewebe Prognosen für den Verlauf einer Krankheit zulassen" beantworten, so Herold. Zudem würde man durch ein Screening auch Bilddaten sammeln, auswerten und Algorithmen für eine automatisierte Lungenkrebserkennung entwickeln können. Big Data und Data Analytics werden auch die Radiologie beeinflussen, berichtet der Wiener Radiologe, der auch in den USA forscht.

Noch eine weitere Frage beschäftigt die Wissenschaftler: Wäre ein Lungenkrebs-Screening für stark Smog belastete Städte eine präventive Maßnahme zum Schutz ihrer Einwohner? "Für den Zusammenhang zwischen Umweltverschmutzung und Lungenkrebs gibt es Hinweise, welche allerdings noch nicht für die Aufnahme in ein Screening Programm ausreichen", schränkt Herold ein. Smog gilt aktuell als Ko-Risikofaktor für die Lungenkrebsentstehung. "Es kann sein, dass sich die Risikoprofile für Lungenkrebs ändern", sagt Herold und meint damit auch die Raucherinnen. Was die Statistik zeigt: Die Zahl der Frauen mit Bronchialkarzinomen steigt. Die laschen Antirauchergesetze in Österreich sind dafür letztendlich mitverantwortlich. (Karin Pollack, 4.12.2016)