Wahlabschluss in der Wiener Börse: Norbert Hofer ließ Verschleißerscheinungen erkennen.

Foto: corn

Einer wird Präsident: Alexander Van der Bellen und Norbert Hofer am Freitag.

Foto: APA/STANDARD/Fischer

Wien – Die Location war ein harter Kontrast zur freiheitlichen Wahlkampflinie: Nach "Wir sind das Volk" sieht der Ringstraßenprunk der Wiener Börse, wo Norbert Hofer am Freitagvormittag zur Abschlussveranstaltung seiner Kampagne lud, nicht aus. Eher ein bisschen nach Hautevolee.

Auch der Sound zum Bild deckte sich nur bedingt mit dem bisher Dargebotenen, vor allem im Vergleich zum ORF-TV-Duell des Vorabends. Während sich Hofer dort angriffig bis aggressiv gab, verkündete Vorredner Heinz-Christian Strache nun: "Wir sind eine positive Partei. Uns interessiert nicht so sehr, was gegen den anderen Kandidaten spricht."

Der vom Endloswahlkampf etwas erschöpft wirkende Star des Events erfüllte die Vorgabe fast hundertprozentig. Ein Opportunismusvorwurf an Alexander Van der Bellen, der nun mit Tracht durch Österreich getourt sei, obwohl ihm diese gegen den Strich gehe: Diese Stichelei war schon das Schärfste, was Hofer dem Konkurrenten zumutete.

Jede Regierung wird angelobt

Darüber hinaus betonte der FPÖ-Politiker noch, dass er im Gegensatz zu Van der Bellen Wehrdienst geleistet habe ("Ich habe es erlebt, wie es ist, wenn man eine Gemeinschaft bildet") und als Präsident jede Regierung, egal welcher Farbe, angeloben werde. "Ich werde das Wahlergebnis zur Kenntnis nehmen", verspricht Hofer – und er habe auch nicht vor, einzelne Minister aus einem Team abzulehnen.

Für den Anlass ungewöhnliche Exkurse widmete das Staatsoberhaupt in spe Ungerechtigkeiten im Pflege- und Gesundheitssystem, intensiveren Applaus ernteten aber Standardansagen der letzten Monate: Den Menschen müsste durch mehr direkte Demokratie stärker vertraut werden; die Politiker gehörten ausgetauscht, nicht das Volk; als Einwanderer sei nur willkommen, wer tatsächlich gebraucht werde.

Sein Appell zu Beginn wie zu Ende der Rede: Man müsse wieder stolz sein, Österreicher zu sein. Da ließen es sich Hofer und Publikum, unterstützt von einem Kärntner Männerchor, nicht nehmen, zum Abschluss die Bundeshymne zu intonieren – natürlich die Version nur mit den "Söhnen".

Von Tracht und Niedertracht

Alexander Van der Bellen dagegen zog bei seinem Wahlkampfabschluss am Freitagabend in Begleitung einer Trachtenkapelle in eine Veranstaltungshalle in Wien Favoriten ein. Ein etwas ungewohntes Bild. Manche Anhänger schüttelten den Kopf, andere zuckten mit den Schultern und klatschten im Takt mit. Anheizer André Heller griff das Thema gleich in seiner Rede auf: "Mir ist die Tracht nichts Unangenehmes. Aber es gibt eines, was mir sehr unangenehm ist und das ist die Niedertracht." Die dürfe nicht in die Hofburg einziehen, sagt er und meint Van der Bellens Konkurrenten Hofer. Damit war ihm der Jubel aller VdB-Fans sicher.

Zwei Bürgermeister für Van der Bellen

Neben dem Künstler hat sich Van der Bellen für seine Abschlussveranstaltung zwei Bürgermeister als Redner ausgesucht: Den Wiener Michael Häupl (SPÖ) und den Kaunertaler Josef Raich (ÖVP).

"Der Sascha hat gelernt, wie es ist, mit Armut umzugehen und er hat gelernt, was man gemeinsam schaffen kann", sagt Raich.

Van der Bellen am Freitag.

Häupl nahm Bezug auf das TV-Duell zwischen den Kandidaten am Donnerstagabend. Da habe man das wahre Gesicht Hofers gesehen.

Das wahre Gesicht von Hofer und der FPÖ

"Es ist das hervorgekommen, das wir von der FPÖ kennen. Das rassistische, fremdenfeindliche Gesicht." Die FPÖ wolle "alles, was wir uns auf der Aufklärung herübergerettet haben" bekämpfen. Deshalb sei dieser Wahlkampf auch ein Kampf um die Demokratie. Es sei wichtig, dass Österreich einen Präsidenten bekomme, der die Gesellschaft zusammenhalte und "für den wir uns nicht zu schämen brauchen."

Van der Bellen selbst gab sich optimistisch. Von Heller und den Berbern habe er gelernt, seine Hoffnungen als bereits gegeben zu formulieren: "Wir danken, dass am Sonntag alles gut geht."

Seine Anhänger forderte er auf, auch noch in den letzten Stunden für ihn zu werben. "Sagen Sie ihren Freunden und Bekannten, ihren Großeltern: Es geht nicht nur um zwei Personen, es geht um die Richtung, in die sich unsere Heimat entwickelt." Der Mitbewerber wolle eine "blaue Republik und dass wir uns wundern. Das werden wir nicht. Wir wollen uns nicht wundern und wir werden uns nicht wundern." Der Präsidentschaftskandidat versicherte, alle konstruktiven Kräfte im Land dazu einladen zu wollen, zusammenzuarbeiten. "Österreich ist keine Insel der Seligen. Wir wissen, dass es Veränderung braucht, aber doch keine Zerstörung." (Gerald John, Lisa Kogelnik, 2.12.2016)