Armin Ebner ist Geschäftsführer des Wiener Architekturbüros BEHF. Nicht nur beruflich, auch beim Wohnen will er mit Klischees und Konventionen brechen und setzt unter anderem auf viele Laufmeter Vorhangstoff.

"Wenn ich einen weißen Raum betrete, dann habe ich umgehend das Bedürfnis, die nackten Wände zu gestalten. Die meisten Leute machen dies mit Farben, Tapeten und Bildern. In unserer eigenen Wohnung wollten wir diesem Klischee entgehen. Also haben wir die Wohnräume rundum mit einer Schicht aus weißen Vorhängen eingehüllt. Vorhänge sind ein weiches Material. Hier fühlt man sich wie in einem Kokon, wie eingebettet in etwas Weiches, in etwas gerne zu Berührendes.

Die vielen Vorhänge sollen dem Raum den Charakter eines Kokons verleihen.
Foto: Lisi Specht

Meine Frau und ich haben die Wohnung 2007 gefunden. Als wir die Wohnung zum ersten Mal betreten haben, war unser erster Eindruck: Wow! Endlich eine Wohnung mit vielen schönen Räumen, bei der jeder Raum eine Besonderheit zu bieten hat und es nicht ein Highlight-Zimmer gibt wie so oft, und der Rest ist na ja. Die Wohnung hat uns auf Anhieb gefallen. Das Bauchgefühl hat Ja gesagt, und zwar Ja zu einer Hülle, die so beschaffen war, dass wir hier all das anwenden können, wofür wir räumlich brennen.

Die Wohnung im ersten Bezirk hat 350 Quadratmeter und ist in Hufeisenform angelegt. Einige Zimmer blicken in einen Innenhof, die straßenseitigen Räume sind zum großen Platz hin orientiert. Eigentlich war die Wohnung in einem tollen Zustand mit schönem, prächtigem Originalstuck an den Decken. Wir hatten nicht wirklich viel zu tun. Wir haben Toiletten und Bad ergänzt, hohe Fußbodenleisten hinzugefügt und die ganze Wohnung mit traditionellen Schaltern aus Bakelit ausgestattet. Das war's. Ach ja: Und dann haben wir sämtliche Deckenauslässe entfernt. Ich mag keine Luster, keine Deckenlampen, keine wie auch immer gearteten Objekte, die in der Raummitte hängen und somit ein Zentrum und eine Nutzung vorgeben. Stattdessen haben wir flexible Bodenleuchten, die wir mal hier, mal dort anstecken können, und ganz neutrale Wandleuchten mit Spiegelkopfglühbirnen. Ich finde, das ist das schönste Licht überhaupt. Dadurch wirkt der Raum warm und groß.

Armin Ebner sammelt gerne. Er hat aber auch kein Problem, sich von Dingen zu trennen.
Fotos: Lisi Specht

Unser Beruf bringt es mit sich, mit Konventionen und Erwartungen zu brechen und Dinge auszuprobieren. Zum Bruch mit den Konventionen gehört auch, dass wir die Möbel nicht entlang der Wand aufstellen, sondern in der Raummitte gruppieren. Dadurch kann man den Raum ganz anders erleben. In gewisser Weise ist die Wohnung so etwas wie ein Dauerexperiment, wie ein Versuchslabor. Hier probieren wir aus, was wir unter Umständen später auch unseren Kunden und Auftraggebern empfehlen. Wir sind, wenn man so will, die Versuchskaninchen unserer eigenen Arbeit.

Unsere Wohnung ist tendenziell ein Depot. Im Laufe des Lebens sammeln sich viele Dinge an. In unserem Fall sind das beispielsweise Kunstwerke, Felle, Trophäen und besondere Möbel wie etwa Stühle und Tische von Donald Judd. Das sind wunderschöne, schlichte Möbel, die man quer durch die Räume verteilen und so nutzen kann, wie es einem gerade passt. Wir trennen uns aber auch immer wieder von Gegenständen. Zu manchen Dingen verliere ich nach einigen Jahren den Bezug. Ich hab kein Problem, Ciao zu sagen. Ich glaube, ich empfinde so etwas wie Lust und Sehnsucht, die Wohnung zu entrümpeln und mich in regelmäßigen Abständen neu zu erfinden.

Fotos: Lisi Specht

Letztendlich ist es aber so, dass Wohnen ohnehin nicht an einem Ort stattfindet, sondern an mehreren Orten zugleich. Man wohnt nicht nur in einer Wohnung, sondern auch in einem Lokal, in einer Hütte im Wald, in einem Hotelzimmer im Urlaub. Die Summe all dieser Wohnzustände macht so etwas wie die eigene Heimat aus. Die Wohnung ist so etwas wie die Urheimat, die Urhülle, in die man zur absoluten Regeneration ganz für sich allein zurückkriechen kann.

Dieser Rückzug ist aber keine leichte Aufgabe. Ich glaube, für sich selbst zu planen ist die schwierigste Sache überhaupt. Ich bin immer auf der Suche nach der richtigsten Richtigkeit. Wahrscheinlich findet man die aber nie, weil man ja nie weiß, wann die Richtigkeit am richtigsten ist. Die Hoffnung stirbt zuletzt. Ich bin ein Suchender. Und so werde ich hier wohl laufend zu tun haben." (Wojciech Czaja, RONDO OPEN HAUS, 8.12.2016)