Patrick Pulsinger: "Der Senfkacker war der ultimative Anarchist in seinem Setting."

Foto: Nathan Murrell

"Mein Senfkacker stammt aus den 50er-Jahren. Man füllt Senf in den Hut des Püppchens, drückt dann drauf, und aus seinem Popo kommt sodann der Senf heraus. Direkt auf die Wurst oder auf was auch immer. Sein Gesichtsausdruck ist eine Mischung aus Anstrengung und Genugtuung. Es gibt ihn schon, solange ich denken kann.

Bevor er zu mir kam, war er im Besitz meiner Tante in der DDR, wo ich geboren und aufgewachsen bin. Das Kerlchen stand dort zwischen Ziertassen in einer Vitrine. Diese Tassen, die nie verwendet wurden, waren der Inbegriff deutscher Spießigkeit. Mich hat schon als Kind fasziniert, wie der Senfkacker dort mittendrin auf seinem Topf saß.

Er war der ultimative Anarchist in diesem Setting und spaltete die Familie in die Gruppe, die ihn mochte, und jene Leute, die das als pietätlos empfanden. Als meine Tante gestorben ist, war das Erste, was ich meiner Mutter sagte, sie solle den Senfkacker in Sicherheit bringen. Ich hatte Angst, dass er unter die Räder kommt." (Michael Hausenblas, RONDO, 5.12.2016)