Wien/Eisenstadt – Mehr Steuergerechtigkeit und ein akzentuierteres Auftreten der SPÖ in dieser Frage fordert der burgenländische Landeshauptmann Hans Niessl im APA-Interview. Das Thema faire Steuern beziehungsweise Vermögenssteuer sollte auch im Kriterienkatalog der SPÖ Aufnahme finden, auch wenn das ein Ende der Koalition mit der ÖVP bedeuten könnte. Die Zusammenarbeit mit der FPÖ im Burgenland lobt Niessl.

"Ich gehöre nicht zu jenen, die jemandem seinen Besitz neidig sind. Aber wenn man sich die Vermögensbesteuerung in Europa anschaut, sieht man, dass wir in Österreich eine sehr geringe Vermögensbesteuerung haben", sagt Niessl. Er hielte es deshalb für richtig, "ab einer Million Euro Besitz einen moderaten Anteil an Vermögenssteuer" einzuheben. Auf die Frage, ob das mit der ÖVP gehen werde, sagt Niessl: "Nein."

Niessl rechnet mit Neuwahlen

Die SPÖ sei dennoch gut beraten, für eine faire Besteuerung von Vermögen zu sorgen. "Das muss man vielleicht auch in den Wertekatalog reinschreiben. Der Wertekatalog sollte auch die Fairness beim Einheben von Steuern berücksichtigen", so Niessl. Ob das ein Ende der Koalition mit der ÖVP bedeuten könnte, lässt er offen. "Jetzt gibt es einmal diese Koalition, und nach der nächsten Wahl muss man schauen, wie kann die Sozialdemokratie zu mehr sozialer Gerechtigkeit und Verteilungsgerechtigkeit kommen."

Niessl rechnet mit Neuwahlen im kommenden Jahr. "Die meisten schätzen wohl realistisch ein, dass 2017 gewählt wird. Ich persönlich sage, wenn man gut arbeitet, soll man bis 2018 weitermachen. Es gibt sowohl in der SPÖ als auch in der ÖVP Minister, die gut zusammenarbeiten und etwas weiterbringen, aber es gibt auch Leute, die die Koalition torpedieren. Das ist meiner Meinung nach der Herr Lopatka (ÖVP-Klubchef, Anm.), der vieles der positiven Arbeit, die von den Ministerien geleistet wird, durch seine Vorgangsweise konterkariert. Nach den Bundespräsidentwahlen wird man im Jänner klarer sehen."

Bekenntnis zur EU

Im Kriterienkatalog der SPÖ für künftige Koalitionen erwartet sich Niessl neben der Steuergerechtigkeit ein "Bekenntnis zur Europäischen Union" sowie die Ablehnung von Nationalismus, Rassismus, Antisemitismus und Extremismus. "Das steht übrigens auch in unserer Koalitionsvereinbarung mit der FPÖ drinnen", mit der Niessl im Burgenland positive Erfahrungen gemacht hat. Er sei in die Politik gegangen, weil er im Sinne einer "Verantwortungsethik" Verantwortung für seine Gemeinde und später für das Bundesland übernehmen wollte.

"Den Gesinnungsethikern geht's um die Ideologie. Wenn man Politik nur auf Ideologie aufhängt, dann gibt's meistens Konflikte. Wir wollen Ergebnisse liefern. Und die Ergebnisse im Burgenland stimmen", so Niessl in Richtung der Kritiker einer Koalition mit der FPÖ. Ob die SPÖ auch im Bund eine Koalition mit der FPÖ eingehen soll, müsse auf Bundesebene geklärt werden. "Es wäre überheblich zu sagen, man kann das Burgenland einfach auf den Bund umlegen. Das muss jede Ebene für sich bewerten."

Niessl mit Kern zufrieden

Die aktuellen Flügelkämpfe in der SPÖ kommentiert Niessl gelassen. "Ich bin überzeugt davon, dass die Wiener SPÖ die richtigen Konsequenzen zieht und damit gestärkt aus der Situation herausgeht." Ein Zerreißen der Partei befürchtet er nicht: "Ich habe Vertrauen in den Wiener Bürgermeister, der für mich einer der erfolgreichsten Politiker in Österreich ist, der für Wien Herausragendes und auch für die Bundes-SPÖ Herausragendes geleistet hat. Ich habe Vertrauen in ihn, dass er diese Situation im Sinne der Sozialdemokratie löst."

Zufrieden ist Niessl mit der Arbeit von Kanzler und SPÖ-Chef Christian Kern. Dieser habe mit guten und realistischen Standpunkten "neuen Schwung in die SPÖ" gebracht. "Er hat auch sehr gute Sympathiewerte und ich würde mir wünschen, dass die SPÖ bei diesen auch nachziehen kann." Nicht auf einer Linie ist Niessl mit Kern beim Freihandelsabkommen Ceta. "Die Ceta-Diskussion ist für uns noch nicht aus. Wir sind im Burgenland ganz klar gegen Ceta, wir waren das von Anfang an. Man wird sehen, wie der Beipacktext Relevanz bekommt. Es muss ja noch eine Ratifizierung im Parlament geben, und da bin ich neugierig, wie diese Abstimmung ausgeht." (APA, 24.11.2016)