Gesundheitsausgaben in Europa

Grafik: Der Standard

Wien – Es ist bereits die zweite Phase des Protestes. Die Ärzte stellen sich gegen den im Finanzausgleich vereinbarten Kostendämpfungspfad bei den Gesundheitsausgaben, sie vermuten einen Rückbau der Patientenversorgung.

Doch die neun Landesärztekammern sind sich nicht ganz einig, wie weit der Protest gehen soll. Während die Wiener Kollegen streiken wollen, die Niederösterreicher ein Volksbegehren SOS-Gesundheit gestartet haben, wollen Oberösterreich und die Steiermark den Gesamtvertrag kündigen. Geeinigt hat man sich vorerst auf eine Informationskampagne, die unter dem Motto "Weniger ist nicht mehr" auf die von der Standesvertretung befürchteten Sparmaßnahmen abzielt. Das Gesundheitsministerium rechnet anders und weist die Intention zurück.

Vorwurf der staatlichen Lenkung

Die jüngsten Zahlen der OECD zeigen mit 10,4 Prozent des Bruttoinlandproduktes jedoch die vergleichsweise hohen Gesundheitsausgaben und machen, auch wegen der zweithöchsten Ärztedichte in Europa, Handlungsbedarf sichtbar. Dennoch halten die Ärzte an ihrem Schreckensszenario einer Schwächung des Hausarztes fest, von anonymen Zentren und schlechterer Versorgung vor allem im ländlichen Bereich ist die Rede. Die hohe Ärztedichte von 5,1 Medizinern auf 1000 Einwohner erklärt die Kammer mit dem Hinweis auf eine anstehende Pensionierungswelle. Welche Maßnahmen aber dazu führen könnten, dass auch junge Absolventen als Hausarzt auf dem Land arbeiten wollen, ist nicht Thema.

Entscheidend für den Start der Kampagne war der Umstand, dass die Standesvertretung in den Verhandlungen nicht mit eingebunden war und auch in den Steuerungskommissionen – Bundesziel- und Landeszielsteuerungskommission – nicht vertreten ist. Davon abgeleitet wird der Vorwurf der "staatlich gelenkten Gesundheitsversorgung". Doch laut Bund-Länder-Vereinbarung sollen 200 Millionen Euro für den Ausbau der Primärversorgung zur Verfügung gestellt werden. Dass damit nur Primärversorgungszentren zugelassen werden, weist Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser (SPÖ) zurück. Sie reagierte mit scharfen Worten auf die Aktion der Standesvertretung. Diese solle "Propaganda und Populismus" zurücknehmen, sagte sie bei der Nationalratsdebatte über das Gesundheitsbudget. Die Apokalypse werde nicht eintreten.

Johannes Steinhart, Vizepräsident der Kammer, sieht das im STANDARD-Gespräch anders. "Streik ist das richtige Signal, die Wiener Länderkammer ist bereit." Die Mitglieder müssen dafür nicht befragt werden, sie seien ohnehin streikbereit. (mte, 24.11.2016)