Bild nicht mehr verfügbar.

François Fillon könnte Frankreichs nächster Präsident werden.

Foto: Reuters

Auch wenn die Primärwahl der französischen Konservativen noch nicht entschieden ist, geht François Fillon doch als großer Favorit in die Endrunde gegen Alain Juppé. Mit gutbritischem Understatement ausgestattet, verhehlte der 62-jährige Gaullist seine Freude. Doch welches Triumphgefühl muss er schon verspürt haben! Fillon, der "seriöse und ehrliche" Politiker (Expräsident Valéry Giscard d'Estaing) wurde nie richtig ernst genommen, weder als Minister noch später als Premierminister (2007-2012).

Exstaatschef Nicolas Sarkozy tat ihn despektierlich als "Mitarbeiter" ab. Als sich Fillon um den Parteivorsitz bewarb und die meisten Stimmen erhielt, wurde er von seinem Parteifreund Jean-François Copé schlicht darum betrogen. Im Primärwahlkampf lag Fillon monatelang auf dem undankbaren dritten Platz hinter den Platzhirschen Sarkozy und Juppé. Vor zwei Wochen kletterte er plötzlich auf 18 Prozent.

Am Sonntag lag er mit 44 Stimmenprozent zur allgemeinen Überraschung weit vor allen anderen: Die Schildkröte hatte wie in der Fabel von La Fontaine zum Schluss noch die Hasen überholt. Ein Zeichen, wie ernst Fillon plötzlich genommen wird: Seine Gegner mobilisieren massiv gegen ihn. Das Juppé-Lager bezeichnet ihn als "Putin-Versteher". Es stimmt, seine russlandfreundliche Außenpolitik kontrastiert mit seiner übrigen, eher offenen Weltsicht und Europapolitik.

Ansonsten gilt der 62-jährige coole Gentleman-Gaullist mit den guten Manieren als Freund Großbritanniens. Nicht wegen des Brexit, sondern eher wegen seiner Ehefrau Penelope, einer Engländerin, die mit ihm und fünf Kindern in einem ansehnlichen Manoir (Gutswesen) bei Le Mans zwischen Paris und der Bretagne lebt.

Und auch nicht, weil ihn die französische Linke als "Thatcherist" bezeichnet. Fillon hat zwar das wirtschaftsliberalste Wahlprogamm aller konservativen Kandidaten: massive Steuersenkungen für Unternehmen, Abschaffung der Vermögenssteuer bei gleichzeitiger Erhöhung der Mehrwertsteuer, Abschaffung der 35-Stunden-Woche. Doch das Etikett "liberal" weist der ehemalige Anhänger des Sozialgaullisten Philippe Séguin weit von sich; er sagt, er sei für einen starken Staat.

Gesellschaftspolitisch ist Fillon hingegen unbestritten konservativ: Er ist gegen das Adoptionsrecht für Homosexuelle, für die Abschiebung illegal Eingewanderter oder für den Bau von 16.000 neuen Gefängnisplätzen. (Stefan Brändle, 21.11.2016)