Seit Beginn der Zeiten zieht der Mond die Menschen in seinen Bann, was insofern leicht unglaubwürdig ist, als es zu Beginn der Zeiten weder Menschen noch einen Mond, ja nicht einmal einen Kräuterpfarrer gegeben haben dürfte.

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Seit Beginn der Zeiten transportiert die "Kronen Zeitung" jede Menge groben Unfugs. So versprach sie Dienstag auf Seite 1 das Geheimnis des Super-Mondes, ohne weder an dieser Stelle noch auf den Seiten 12 und 13 zu enthüllen, worin das Geheimnis bestehen sollte. Enthüllt wurde hingegen: Seit Beginn der Zeiten zieht der Mond die Menschen in seinen Bann, was insofern leicht unglaubwürdig ist, also dem Redaktionsstatut entspricht, als es zu Beginn der Zeiten weder Menschen noch einen Mond, ja nicht einmal einen Kräuterpfarrer gegeben haben dürfte, obwohl Letzteres umstritten ist.

Auch die folgende Behauptung Bringt Licht in die unendliche Weite des Kosmos am Nachtfirmament stammte nicht vom Hofastrologen der Familie Dichand, sondern von der "Krone"-Astrologin Rosalinde Haller, sofern es sich nicht um Personaleinheit handelt.

Ahnen, Haarwuchs, Christbäume

Die Dame hat nicht nur die Zukunft, sondern auch die Vergangenheit fest im astrologischen Griff. Die Faszination des geheimnisvollen leuchtenden Erdbegleiters und seine Mythen sind seit Beginn der Zeiten ungebrochen. Beweis – was stimmt: Der Zyklus der Frau richtet sich nach den Phasen, und damit das klar ist: Seit Beginn der Zeiten. Wär's nur das. "Viel Unterdrücktes und Verborgenes kommt jetzt zum Vorschein, die Verbindung zu den Ahnen – (und für "Krone"-Leser, die nicht wissen, was Ahnen sind), zu den verstorbenen Familienmitgliedern ist im Unterbewusstsein nun größer und intensiver.

Auch soll der Erdtrabant den Haarwuchs beeinträchtigen und Christbäumen – aber nur diesen, nicht etwa auch Birken – mehr Saft verleihen. Selbst Feldmäuse bleiben bei Vollmond in ihren Löchern und Wölfe heulen. Es kommt auch zu mehr Springfluten. Und dazu das Mysterium, dass jede zweite Frau klagt, bei Vollmond schlecht zu schlafen. Mysterium deshalb, weil Forscher noch keine Belege dafür finden. Und das alles schon seit Beginn der Zeiten.

Brutalisierung der Sprache

Man muss aber für den Einsatz der "Krone"-Astrologin dankbar sein, sonst hätten die professionellen Wahl-Astrologen diese Woche die Szene ganz allein beherrscht, ohne mehr Klarheit zu schaffen, als dass jetzt viel Unterdrücktes und Verborgenes zum Vorschein kommt. Schon lange ist die Branche schwer verunsichert, weil sich Wählerinnen und Wähler nicht mehr an ihre Berechnungen halten, und der Wahlsieg Trumps hat ihre Arbeit nicht erleichtert.

Der PR-Berater Stefan Sengl meint in "News", Hofer-Anhänger würden sich so wie die Trump-Wähler nicht von den Schattenseiten ihres Kandidaten irritieren lassen. Das war schon beim vorigen Wahlgang so, denn für die Mobilisierung von Wählern sind letztlich Emotionen und nicht Argumente entscheidend. Dem selbständigen Politikberater Heimo Lepuschitz war seine Vergangenheit als FPÖ- und BZÖ-Pressesprecher an der Wortwahl anzumerken. In den USA wie in Österreich erleben wir eine Brutalisierung der Sprache, eine von Überzeugungsmedien gestützte Spaltung der Gesellschaft in Bessere und Böse. Deshalb gibt es in unberechenbaren Zeiten eine immer stärkere Sehnsucht nach Leadership und Sicherheit, nach der "guten alten Zeit", nach verständlichen Antworten diesseits des Politsprechs.

Nutzloses Wissen

Halbherzig hält Politikberater Thomas Hofer dagegen. Die Hofer-Kampagne kann den Überraschungssieg Trumps dazu nutzen, derzeit demobilisierte Wähler doch zu den Urnen zu bekommen. Allerdings muss die FPÖ vorsichtig sein. Eine Chance ist das Ganze allerdings auch für das Van-der-Bellen-Lager. Hier kann das Beispiel Trump helfen, die Angst vor einer ähnlichen Entwicklung in Österreich zu schüren.

Im "Trend" sieht Thomas Hofer die (Norbert-)Hofer-Anhänger Morgenluft wittern, Politikberaterin Heidi Glück resigniert und verweist auf ihr Bauchgefühl. "Trumps Wahl wird Norbert Hofer helfen", sagt sie, aber: "Die alten Muster ändern sich, fast kann ich mein Know-how aus den letzten 20 Jahren wegwerfen." Ein wenig nutzloses Wissen war es ja immer, bedenkt man das Schicksal der ÖVP. Und sogar Analyst Peter Filzmaier stimmte in den Trauerchor ein: "Ich weiß auch nicht alles, zuckt er die Achseln, obwohl er im Fernsehen und in der "Krone" den gegenteiligen Eindruck zu erwecken versucht.

Aus diesem Meer der Ungewissheit versuchte sich Norbert Hofer durch Profilierung als Immobilienhai zu retten. "Ich vermiete Präsidenten-Villa", gelobte er "Österreich". Er will sie verpachten, damit es als Hotel genutzt werden kann - gegen eine Wohnung in der Hofburg. Klar. (Günter Traxler, 20.11.2016)