Die freie Kulturszene macht sich für eine Bewerbung der Stadt Salzburg als Europäische Kulturhauptstadt 2024 stark. Die freie Szene – allen voran der Dachverband Salzburger Kulturstätten – beweist damit wieder einmal ein feines Sensorium. So wie man in den 1980er-Jahren die bunte Kulturstättenlandschaft gegen die konservativen Zöpfe durchgesetzt hat, hat man nun erkannt, dass Salzburg einen kulturellen Schub braucht: Im Wesentlichen beruhe der Ruf Salzburgs als Kulturstadt nämlich auf der Vergangenheit (Mozart) und dem Kulturimport (Festspiele). Immer häufiger würden daher junge Kreative Stadt und Region Richtung Wien oder Deutschland verlassen.

Wie in den 1980er-Jahren ist auch die Reaktion der Entscheidungsträger. Es regiert Kleinmut und Hochnäsigkeit in einem: "Kein Geld" von Stadt-SPÖ und Bürgermeister Heinz Schaden geht Hand in Hand mit der von der ÖVP ventilierten Selbstüberschätzung, Salzburg sei wegen Mozart und Festspielen eh quasi Weltkulturhauptstadt.

Hier droht eine Chance zu versickern. Die mit der Debatte um eine mögliche Bewerbung verbundene Auseinandersetzung über die soziokulturelle Entwicklung der Region ist sicher mühsam. Sie wäre aber lohnend. Es heißt nämlich "Europäische Kultur-" und nicht "Europäische Kunsthauptstadt". Es geht also auch um Fragen des Wohnens, des Wirtschaftens, des Verkehrs, der Verteilung von Ressourcen. Und da hat Salzburg Probleme ohne Ende. (Thomas Neuhold, 17.11.2016)