Brüssel – Die EU-Kommission will Hürden bei der Dienstleistungsfreiheit wegräumen und hat deshalb Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich, Deutschland, Belgien, Dänemark, Ungarn, Italien, Litauen, Spanien und Zypern eingeleitet. Es geht um unverhältnismäßige und nichtgerechtfertigte Hindernisse für die Erbringung von Dienstleistungen. In Österreich bemängelt sie konkret Einschränkungen durch Niederlassungsanforderungen für Architekten und Ingenieure.

Die neun Länder haben zwei Monate Zeit, um Mängel zu beheben. EU-Binnenmarktkommissarin Elzbieta Bienkowska: "Wenn wir es den Anbietern von Dienstleistungen erleichtern, überall in der EU tätig zu sein, schaffen wir neue Beschäftigungsmöglichkeiten und sorgen dafür, dass die Verbraucher von mehr Auswahl und niedrigeren Preisen profitieren." Daher seien ungerechtfertigte Hürden, die Selbstständige daran hinderten, ihre Dienstleistungen im Binnenmarkt anzubieten, zu beseitigen.

Zu den praktischen Beschränkungen zählte die Tatsache, dass sich der Sitz eines Unternehmens in einem bestimmten gerichtlichen Zuständigkeitsbereich befinden muss, ebenso wie überzogene Regeln für Beteiligungen; etwa dass hundert Prozent des Kapitals eines Unternehmens von Berufsangehörigen gehalten werden müssen. Kapitalgesellschaften sei ein Einstieg verwehrt, sagte ein Experte im Kanzleramt in Wien. Das störe die Kommission ebenso wie ein österreichisches Unikum: Ziviltechniker darf sich nur nennen, wer die entsprechende Prüfung abgelegt habe. In der Praxis sei das aber kaum eine Hürde, es hindere keinen ausländischen Baumeister daran, hier in Österreich zu bauen. Als Streitpunkt gilt auch das "Sitzerfordernis". Um Leistungen erbringen zu dürfen, muss etwa ein Patentanwalt einen Kanzleisitz in Österreich nachweisen, das in unmittelbarer Nähe befindliche Bratislava genüge dafür nicht. Für ein echtes Geschäftshindernis hält man diese Regelungen im Kanzleramt aber nicht.

Woran sich die Kommission noch stößt: verbindliche Mindesthonorare. Sie verteuerten Leistungen für die Verbraucher. (ung, 18.11.2016)