Kritiker verlangen von Bürgermeister Michael Häupl, dass er angekündigte Reformen in Wien umsetzt.

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Wien – Als "Sturm im Wasserglas" versuchten Rathaus-Insider die Turbulenzen in der Wiener SPÖ am Mittwoch abzutun. Vor der Präsentation des Budgets durch Finanzstadträtin Renate Brauner hatten sich Vertreter der Flächenbezirke verstärkt mit Kritik an der derzeitigen Wiener SPÖ-Führung zu Wort gemeldet, sodass bereits befürchtet worden war, das Stadtbudget könne von einem großen Teil der Stimmberechtigten in der Klubvollversammlung abgelehnt werden. Schließlich gab es allerdings nur fünf Gegenstimmen.

STANDARD-Informationen zufolge sollen alle aus Wien-Donaustadt kommen, auch Bezirksvorsteher Ernst Nevrivy und sein Stellvertreter Karl Gasta sollen ihre Zustimmung verweigert haben, was ihnen auch Kritik von Staatssekretärin Muna Duzdar einbrachte, die der Donaustädter SPÖ entstammt. Sie haben die Ablehnung mit einem Straßenbauprojekt begründet, sagte Klubobmann Christian Oxonitsch.

Faymann-Vertraute

Neben dem heftigen Kritiker Nevrivy äußerten in den vergangenen Tagen der ehemalige SPÖ-Bundesgeschäftsführer Gerhard Schmid und der ehemalige Wiener Landesparteisekretär Christian Deutsch ihren Unmut. Letzterer kommentierte in Anspielung auf einen Termin der Caritas auf Twitter höhnisch, dass Bundeskanzler Christian Kern und Sozialstadträtin Sonja Wehsely zum "Armutschauen" in die Gruft gingen, aber keine Lösung bei der Mindestsicherung zustande brächten. Schmid bemängelte die Diskussionskultur in der Partei.

Auffällig ist, dass es sich bei den Kritikern um Personen handelt, die als Vertraute des früheren SPÖ-Bundeskanzlers Werner Faymann galten. "Das sind frustrierte Verlierer", kann sich ein Parteikenner einen Kommentar im STANDARD-Gespräch nicht verkneifen. Deutsch allerdings dementierte, dass seine Kritik als Retourkutsche für Faymanns Abgang zu verstehen sei. Ihm gehe es darum, jene Reformen einzufordern, die Bürgermeister Michael Häupl angekündigt hatte.

Wie wird der Flügelkampf, bei dem es mittelfristig auch um die Frage des Umgangs der Partei mit der FPÖ geht, nun weitergehen? Am Donnerstag folgt eine Präsidiumssitzung, am Montag tagt der erweiterte Vorstand. Bei beiden Sitzungen ist freilich auch Häupl zugegen, der sich noch nicht zu den aktuellen Turbulenzen geäußert hat oder zu der Frage, wer ihm als Bürgermeister nachfolgen könnte. Spekuliert wurde zuletzt auch über eine Regierungsumbildung.

Keine Mehrheit

Der Faymann-Achse dürfte es allerdings auch in diesen beiden Gremien nicht gelingen, die Mehrheit hinter sich zu versammeln, geschweige denn die Vertrauensfrage an die SPÖ-Spitze zu stellen, weil sie auch dort nicht die Mehrheit haben soll. "Sie werden Häupl nicht das Messer ansetzen, weil sie genau wissen, dass sie dann weg sind", sagt ein Gremiumsmitglied.

Mittlerweile gibt es auch Personen, die von den Machtkämpfen genug haben. Für Markus Rumelhart, seit knapp drei Jahren Bezirksvorsteher in Mariahilf, lag die Stärke der SPÖ immer darin, "dass wir eine sehr große und breite Partei sind". Die SPÖ sei ein Abbild der Bevölkerung – mit unterschiedlichen Meinungen. Der Vorteil sei immer gewesen, dass intern alle Facetten angesprochen wurden. "Das Diskutieren über die Medien kann ich nur wenig goutieren", so Rumelhart. "Es konterkariert, dass man intern zu einer gemeinsamen Lösung kommen könnte." (Rosa Winkler-Hermaden, 16.11.2016)