Moderatorin Elke Rock (vormals Lichtenegger) erzählt von Shitstorms, die ihr das Gefühl gaben "zu ersticken".

Foto: Parlamentsdirektion/Appel

"Ich habe gedacht, ich ersticke unter der Flut aus Hass, Perversionen und Drohungen", erzählt Elke Rock (vormals: Lichtenegger), Moderatorin bei Ö3. Sie wurde 2014 Opfer eines Shitstorms, nachdem eine unbedachte Aussage aus einem monatealten Interview aus dem Kontext gerissen und in Umlauf gebracht worden war. Tausende wütende Kommentare landeten auf ihrer Facebook-Seite und dem Auftritt von Ö3. "Ich hatte Angst, in die U-Bahn einzusteigen", erzählt sie heute noch unter Tränen. Der Fall macht eindrücklich klar: Hass im Netz hat reale Auswirkungen.

Es entsteht der Eindruck, im Internet gelten keine Regeln, im Umgang miteinander sei alles erlaubt und Opfer blieben ungeschützt. Verstärkt wird diese Wahrnehmung durch das Verhalten von Plattformen wie Facebook, das sich zuletzt tagelang der Forderung nach Löschung eines Gewaltvideos aus Wien widersetzte und sich erst dem Druck der Staatsanwaltschaft beugte.

Gegenhaltung notwendig

Doch selbst wenn die Betreiber der sozialen Netzwerke Maßnahmen gegen Hassrede setzen, bleibt eine wichtige Frage offen: Wie bringt man Zivilcourage ins Netz?

In einem Punkt waren sich die Teilnehmer der vom Bundesrat organisierten Enquete einig: Eine Universallösung für das Problem gibt es off- wie online nicht. Was in Postings geschieht, kann nicht getrennt von der Welt abseits des Bildschirms betrachtet werden. Wichtig ist es jedoch, zu wissen, dass das Internet mitnichten ein rechtsfreier Raum ist. So verweist etwa die Medienrechtsanwältin Maria Windhager, die auch für den STANDARD tätig ist, auf entsprechende Ermittlungserfolge. 50 Anzeigen gegen verhetzende und bedrohende Äußerungen auf Facebook hatten etwa die Grünen lanciert. Fast alle Verfasser konnten ausgeforscht werden.

Die Quantität von Hasspostings lässt ihre Schreiber oft als Teil einer Mehrheit erscheinen, die nicht existiert. Gegenstimmen Einzelner gehen oft unter. Wer sich gegen den Mob stellt, riskiert zudem, selber zum Ziel zu werden. Thematisiert wurde daher das Konzept der Gegenhaltung als ein möglicher Ausweg. Durch Vermittlung an Schulen und Lehrangebote für Pädagogen und Eltern sollen aus abgeschreckten Zusehern digitaler Debatten konstruktive Teilnehmer werden, die für demokratische Werte eintreten und Opfern so vermitteln, nicht allein zu sein. Eine Stoßrichtung, wie sie etwa das vom Europarat initiierte Projekt "No Hatespeech" einschlägt. Über dieses soll eine Bewegung gegen Hassreden entstehen, um die Akzeptanz von verbaler Gewalt im Netz zu senken.

Gesetze ausreichend

Weiters brauchen Nutzer Ansprechpartner bei Behörden und Plattformbetreibern und klare Informationen darüber, wo sie problematische Kommentare melden können. Gerade Netzwerke wie Facebook sollten ihre User darauf hinweisen, dass Gewaltaufrufe und Verhetzung behördlich belangt werden, fordert Strafrechtsexpertin Karin Bruckmüller von der JKU Linz. Drastische Verschärfungen geltenden Rechts werden von ihr und anderen Teilnehmern abgelehnt, gefordert sind allerdings Nachbesserungen und konsequentere Umsetzung.

Die Journalistin Barbara Kaufmann forderte die Medien auf, konstruktiven Stimmen mehr Platz einzuräumen. Denn wer nach dem Konzept "Hass bringt Quote" agiere, mache sich zum "PR-Agenten der Hassprediger". (Georg Pichler, 16.11.2016)