Die Hochschulvertretung der Uni München vergibt keine Räume mehr an politische Gruppen.

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Wie mit der Alternative für Deutschland (AfD) umgehen? Seit sich mit der AfD erstmals eine Partei rechts der CDU auf der politischen Landkarte Deutschlands etablierte, treibt diese Frage auch die deutschen Hochschülerschaften um. Denn die Hochschulgruppen der AfD gewinnen an Zulauf. Zum Eklat kam es im Sommer an der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU): Um zu verhindern, dass die dortige "Campus Alternative" Räume der Studierendenvertretung nutzt, setzte der Konvent der Fachschaften, das lokale Studierendenparlament, drastische Maßnahmen und schloss kurzerhand alle Gruppen aus.

Zuvor hatte die Vertretung studentischen Gruppen ihre Räume überlassen, bewarb diese auf ihrer Website und ließ sie günstig drucken, wenn sie vom Konvent akkreditiert wurden. Neben politischen Gruppen wie den Jungen Grünen oder Amnesty International besaßen Kulturvereine internationaler Studierender, ehrenamtliche studentische Projekte bis hin zum Arbeitskreis Modellflugzeugbau eine Akkreditierung.

Die Gruppen sind auf die Räume angewiesen: Die Uni vergibt sie nur gegen Gebühren, die sich viele nicht leisten können. Politische Gruppen bekommen von der Uni keine Räume.

Politik außer Sicht

Mit der Abschaffung des Akkreditierungsstatus würde die Hochschule "depolitisiert", sagt Kevin Martin, Sprecher der SPD-nahen Juso-Hochschulgruppe: "Wenn politische Gruppen keine Räume bekommen, verschwindet Politik aus dem Sichtfeld Studierender." Martin kritisiert auch das Zustandekommen des Beschlusses: "Die Studierendenvertretung hat sich vorschnell dem Präsidium gebeugt und versäumt, die Öffentlichkeit zu suchen – und sich so zum Buhmann gemacht."

Der Entscheidung ging ein heißer Frühling voraus. Alles begann am 20. April, als die Campus Alternative ihre Akkreditierung im Konvent beantragte. Raphael Wiegand, Student an der LMU und Mitglied des Konvents, erinnert sich an eine turbulente Sitzung: "Etwa 50 Gäste waren da, viele aus linken Gruppen. Es gab Sprechchöre wie 'Nazis raus!'"? Die Sitzung musste unterbrochen werden. Mit Saalverweisen und dem Ruf des Sicherheitsdienstes sei die Stimmung noch angeheizt worden. Die Akkreditierung der Campus Alternative wurde ohne Debatte fast einstimmig abgelehnt.

Was folgte: eine Beschwerde der Campus Alternative, als offener Brief an LMU-Präsident Bernd Huber. Nach einer rechtlichen Prüfung entschied er Anfang Juni: Der Konvent muss die Gruppe zulassen oder den Akkreditierungsstatus überhaupt abschaffen. Im Sinne von Gleichbehandlung dürfe zwischen Gruppen nicht ob politischer Gesichtspunkte unterschieden werden. Zusammen mit der Campus Alternative seien auch der CSU-nahe "Ring Christlich Demokratischer Studenten", "Drei Prozent" und die "Christen an den Hochschulen München" zu akkreditieren, die auch abgelehnt wurden. Die meisten Konventsmitglieder hätten von dieser Entscheidung aus der Zeitung erfahren und sahen sich unter Druck gesetzt. Die Abschaffung des Akkreditierungsstatus sei eine Entscheidung zwischen Not und Elend gewesen.

Engagement statt Politik

"Wir wollen studentisches Engagement weiterhin fördern", sagt der in der Studierendenvertretung aktive Maximilian Frank. Übergangsweise würden Räume nun Termin für Termin nach den Kriterien der Uni vergeben. Damit könnten Hochschulgruppen ihre Arbeit fortsetzen.

Während in Österreich die Studierendenvertretung ohne politische Gruppen undenkbar wäre, sieht das bayerischen Hochschulgesetz genau das vor. Von einem politischen Mandat ist dort keine Rede, nur von der "Vertretung der fachlichen, wirtschaftlichen und sozialen Belange der Studierenden", der Förderung von Freizeitangeboten und dem Austausch mit internationalen Studierenden. Anders als bei der ÖH werden an der LMU nur Fachschaften gewählt. Sie entsenden Vertreter in den Konvent als uniweites Parlament. Auf den Wahlzetteln stehen einzelne Kandidaten, politische Listen spielen an der LMU keine Rolle. (Miguel de la Riva, 21.11.2016)