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Landung am "Geburtsort der Demokratie": Obamas Air Force One auf dem Flughafen von Athen.

Foto: Reuters / Michalis Karagiannis

Es sind Worte wie Honig für Alexis Tsipras. "Sparpolitik allein bringt keinen Wohlstand", sagt Barack Obama. Der US-Präsident ist gerade mit seinem Konvoi durch das verarmte Athen gesaust. Über Boulevards, wo ein Drittel der Geschäfte leer steht und der Asphalt schon lange nicht mehr erneuert wird. Nun sitzt Obama auf einem weißen Polstersessel im Empfangszimmer des griechischen Regierungschefs.

Tsipras sagt nichts anderes vor den Genossen seiner linksgerichteten Partei und vor den Bürgern seines Landes im siebten Jahr der Rettungskredite und der Gläubigerauflagen: Nur Ausgaben kürzen und Steuern erhöhen bringt keinen Wohlstand.

Mehr Hilfe als gedacht

Es ist die Abschiedsreise von Barack Obama, sein letzter Besuch in Europa als Präsident der USA. Tsipras will Hilfe im Ringen mit den Kreditgebern um eine neuerliche Schuldenerleichterung und bekommt sie – wohl mehr, als sich die Gläubiger in Europa oder die konservative Opposition in Athen ausmalten.

Unter seiner Führung, so sagt Obama später in der gemeinsamen Pressekonferenz über Tsipras, den Premier von der linksradikalen Partei Syriza, sei Griechenland auf dem richtigen Weg und erledige die "harte Arbeit der wirtschaftlichen Erholung". Dafür aber brauche das Land Raum zum Atmen, erklärt Obama und stellt sich hinter die Forderung nach einer Schuldenerleichterung. Und er zieht eine Parallele zwischen dem Konjunkturpaket, das er in seiner ersten Amtszeit durchzusetzen versuchte, und dem, was Alexis Tsipras verfolgt. Die US-Wirtschaft verlor 800.000 Jobs im Monat, als er ins Amt kam, erinnerte Obama. Wenn die einzige Antwort darauf sei, Ausgaben zu kürzen, dann schrumpfe die Wirtschaft nur weiter. Tsipras hörte es mit sichtlicher Genugtuung.

Alles infrage gestellt

Obama aber hat bei seiner letzten Auslandsreise auch seine Amtszeit im Blick, acht Jahre an der Spitze der freien Welt. Alles jäh infrage gestellt, so scheint es nun, durch die unerwartete Wahl seines Nachfolgers Donald Trump vor einer Woche. Obama sieht müde aus.

Er wollte an den "Geburtsort der Demokratie" kommen, erklärt er, "der Quelle so vieler Werte und Ideen, die halfen, Amerika zu schaffen". So sagt es der US-Präsident, als er am Dienstag zuerst beim griechischen Staatschef Prokopis Pavlopoulos auf dem Sofa sitzt. Der hat seine Residenz gleich neben dem kleinen Amtssitz von Alexis Tsipras.

Donald Trumps Wahlsieg quält ihn. Man merkt es Obama an, als er in der Pressekonferenz über die möglichen Gründe für den Triumph des New Yorker Immobilienkönigs sprechen soll. Der scheidende US-Präsident sucht nach Worten, während er formuliert, nennt den Wunsch nach Wandel, der wohl da sei, wenn jemand wie er, Obama, acht Jahre das Amt führte. Und während er redet, nimmt die Erklärung der Phänomene Trump und Brexit und der Wirkung der Populisten auf die Wähler doch langsam Gestalt an. Obama hat offensichtlich viel nachgedacht über den Wahltag am 8. November.

Globalisierung, Technologie und die sozialen Medien mit ihrem dauernden Fluss von Informationen hätten das Leben der Menschen durcheinandergebracht, sagt Obama. Die Welt sehe mit einem Mal anders und verwirrender aus. Nicht nur die wirtschaftlichen Folgen der Globalisierung würden dafür verantwortlich gemacht; auch die gesellschaftlichen Eliten und Regierungen stünden unter Verdacht. Religion, Kultur, Zugehörigkeit zu Volksgruppen würden zum Thema, das in das Gefühl der allgemeinen Unsicherheit einfließt, so sagt der US-Präsident.

Kampf gegen die Angst

Er habe diese Angst in der Gesellschaft gespürt und versucht zu bekämpfen. Sein Konjunkturprogramm sei eine Antwort darauf gewesen, ebenso die Ausweitung der Krankenversicherung und der Bildungsprogramme. "Das Problem war: Ich konnte die Republikaner im Kongress nicht überzeugen."

Obama wird heute, Mittwoch, eine Grundsatzrede in Athen halten. "Ich werde mich niemals dafür entschuldigen, gesagt zu haben, dass die Zukunft der Menschheit von dem abhängt, was wir gemeinsam haben und nicht von dem, was uns trennt", sagt er mit Blick auch auf Trump. (Markus Bernath, 15.11.2016)