Donald Trump macht Parteisoldat Reince Priebus (re.) zu seinem Stabschef. Damit ist schon eine einflussreiche Position in der Hand des sonst so verhassten Establishments.

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Steve Bannon soll dafür sorgen, dass Trump seine Kanten behält.

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Es war Reince Priebus, der im Herbst 2012 eine Analyse über den Zustand der Republikaner in Auftrag gab; einen Bericht, der als "Obduktionsbefund" in die Annalen der US-Politik eingehen sollte. Der Partei, so warnten die Autoren, werde es immer schwerer fallen, eine Präsidentschaftswahl zu gewinnen, falls sie ihre Basis nicht bald verbreitere. Statt in erster Linie eine Bastion weißer Männer zu sein, müsse sie zunehmend Frauen, Latinos, Afroamerikaner und Immigranten mit asiatischen Wurzeln in ihre Reihen aufnehmen – sonst begebe sie sich auf den Weg ins politische Abseits.

Priebus, schon damals an der Spitze der "Grand Old Party", erwarb sich den Ruf eines weitsichtigen Reformers, als er das Papier zirkulieren ließ. Vier Jahre später gewann Donald Trump die Wahl, indem er sämtliche Ratschläge der Studie in den Wind schlug und stattdessen allein auf weiße Amerikaner setzte, auf deren Verunsicherung, deren Abstiegsängste, deren nostalgische Verklärung der Vergangenheit. Und nun wird Priebus Stabschef im Weißen Haus, Trumps rechte Hand. Allein schon die Vorgeschichte zeigt, was alles an Pikantem in der Personalie liegt.

Warten auf Weichestellung

Es sind die Tage, in denen alle Welt darauf wartet, wie der 45. Präsident der USA personell die Weichen stellt, welche Signale er damit setzt; ob er den zornigen Wahlkampfpopulismus auch ins Oval Office tragen wird; oder ob jetzt ein sachlicherer Regierungsstil folgt. Vorerst lässt sich nur sagen: Die Signale sind widersprüchlich. Während Priebus' Beförderung auf eine gewisse Nüchternheit schließen lässt, spricht die Ernennung Steve Bannons zum Chefstrategen eher für das Gegenteil.

Bannon war, bevor Trump ihn im August zu seinem Wahlkampfmanager machte, Geschäftsführer von Breitbart News, eines Nachrichtenportals, das dem Nationalismus des "America First" eine Plattform gibt. Dort wurde Präsident Barack Obama beschuldigt, noch mehr "hasserfüllte Muslime importieren" zu wollen. Planned Parenthood, eine Organisation, die Abtreibungskliniken betreibt, wurde mit dem Holocaust verglichen. Weiblichen Opfern von Cybermobbing wurde nahegelegt, einfach offline zu gehen, um Männern nicht die Freude am Internet zu verhageln. Das Southern Poverty Law Center, eine Initiative, die Rassenhass dokumentiert, nennt Bannon eine "weiße, ethno-nationalistische Propagandamaschine".

Typisch für solche Quereinsteiger ist die Biografie des neuen Chefstrategen. Die Eltern waren Demokraten: irisch-katholisch, gewerkschaftsnah, Fans von John F. Kennedy. Er selber kreuzte auf Zerstörern der Marine auf den Weltmeeren, bevor er aus Enttäuschung über Jimmy Carters Iran-Politik an die Wall Street wechselte. Bannon wurde Banker bei Goldman Sachs, später gründete er eine eigene kleine Investmentbank, die sich aufs Filmgeschäft spezialisierte. Mit Anteilen an der TV-Sitcom Seinfeld scheffelte er ein Vermögen. 2004 lernte er Andrew Breitbart kennen, den Gründer von Breitbart News. Nach dessen Tod 2012 übernahm er die Nachrichtenseite.

Bannon und Priebus: Es spricht zumindest dafür, dass Trump ein Kabinett plant, in dem Ideologen und Pragmatiker einen harten Strauß ausfechten sollen, bevor er ein Machtwort spricht.

Priebus (44) gilt als Prototyp des Parteiloyalisten. Als Teenager organisierte er Pizzapartys, um daheim in Kenosha, einer konservativen Enklave im damals demokratischen Wisconsin, freiwillige Wahlhelfer zu verköstigen. Für ein Wahlamt kandidierte er nie, stattdessen machte er Karriere im Apparat. Der Jurist wurde Schatzmeister in Wisconsin, dann stieg er ins republikanische Nationalkomitee auf, wo er den 2009 eingesetzten Chef Michael Steele beriet – bis er Steele, den ersten Afroamerikaner auf diesem Posten, zwei Jahre später ablöste.

Als Trump das Feld der Präsidentschaftskandidaten aufmischte und Teile der Parteielite händeringend versuchten, seinen Durchmarsch zu stoppen, hielt sich Priebus lavierend im Hintergrund: Trump werde irgendwann umschwenken und das Rebellische ablegen; der Mann habe der "Grand Old Party" Wählerschichten erschlossen, die sich bereits resigniert von der Politik abgewandt hatten. (Frank Herrmann aus Washington, 14.11.2016)