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Roter Apfel als Symbol: Exluftwaffenchef Rumen Radew, der als russlandfreundlich gilt, wird Bulgariens nächster Präsident. Amtsantritt ist im Jänner, Parlamentswahlen sind wohl im Frühjahr 2017.

Foto: Reuters / Marko Djurica

Athen/Sofia – Für Rumen Radew, den ehemaligen Kommandanten der Luftstreitkräfte, war es eine perfekte Landung – für Boiko Borissow, den väterlich-brummelnden Regierungschef, war es hingegen das Signal für den Druck auf den Knopf des eigenen Schleudersitzes. Am Morgen nach dem Sieg Radews bei den Präsidentenwahlen informierte Borissow das Parlament über den Rücktritt seiner Regierung.

Borissows Kandidatin, die amtierende Parlamentspräsidentin Zezka Tsatschewa, war in der Stichwahl am Sonntag nur auf knapp 36 Prozent gekommen. Rumen Radew jedoch, der Kandidat der sozialistischen Opposition, auf fast 60 Prozent. Nur vier Prozent der Wähler machten von der neuen Möglichkeit Gebrauch, explizit für keinen der Kandidaten zu stimmen. Mit dem "roten General", wie Radew von seinen Kritikern genannt wird, wollte der rechte Regierungschef Borissow nicht zusammenarbeiten.

Nun steuert Bulgarien wieder in eine Zeit der politischen Unsicherheit und Entscheidungslosigkeit: Eine neue Regierung wird aller Wahrscheinlichkeit nicht zustande kommen. Der scheidende Staatspräsident Rossen Plewneliew muss deshalb zum dritten Mal in vier Jahren ein Technokratenkabinett zusammenstellen.

Es wird länger als dessen Vorgänger amtieren, denn vorgezogene Neuwahlen sind wegen des Präsidentenwechsels und den damit verbundenen verfassungsrechtlichen Vorgaben erst im März oder April nächsten Jahres möglich. Ihren Haushaltsentwurf für 2017 zog die Regierung Borissow am Montag gleich wieder zurück.

Lob für Trump

Radew ließ noch in der Wahlnacht mit Lob für den nächsten US-Präsidenten aufhorchen: Auch der 53-jährige Exgeneral ist wie Donald Trump ein Neuling in der Politik. Trump habe in seinem Wahlkampf einen besseren Dialog mit Russland versprochen, so erklärte Radew: "Das gibt uns Hoffnung, eine große Hoffnung für eine friedliche Lösung der Konflikte sowohl in Syrien und in der Ukraine und für eine Verringerung der Konfrontation."

Die russlandfreundliche Wählerschaft reicht weit in Bulgarien, von den Sozialisten bis zur rechtsradikalen Protestpartei Ataka. Sie hält nichts von den EU-Sanktionen gegen Russland nach der Annektierung der Krim und dem Separatistenkrieg in der Ukraine.

Und sie bedauert das Ende des South-Stream-Projekts, das Erdgas von Russland über das Schwarze Meer durch Bulgarien weiter nach Europa bringen sollte, ebenso wie den Baustopp für ein neues Atomkraftwerk. 600 Millionen Euro Entschädigung muss das verarmte Bulgarien für den geplatzten Vertrag an Russland zahlen. So sieht es eine erst im Vormonat erreichte Einigung vor. Auch das verhalf Rumen Radew zum Wahlsieg.

"Kalter Frieden" mit Russland

Der scheidende Präsident Plewneliew hatte immer wieder gewarnt, Bulgarien dürfe nicht zum Einfallstor Russlands in die EU werden. Vom "Kalten Frieden" mit Russland, der noch viel gefährlicher sei als einst der Kalte Krieg, schrieb der Staatschef am Wahlwochenende in einem Beitrag für die Wochenzeitung "Kapital" in Sofia. Das kleine Balkanland müsse etwas zur Europäischen Union beitragen, "nicht still in einer Ecke sitzen oder die Rolle eines Trojanischen Pferdes für jemanden spielen".

Doch selbst bekannte Russlandkritiker wie der Sofioter Politikprofessor und Kolumnist Ewgeni Dainow halten die angebliche Moskautreue des neugewählten Präsidenten Radew für Unsinn. Radew werde kein Präsident der Linken sein, sagte Dainow am Montag im bulgarischen Fernsehen voraus, sondern den Sozialisten der BSP wegen seiner Unabhängigkeit vielmehr Probleme machen. Die BSP hatte den parteilosen Exgeneral mit einem Initiativkomitee unterstützt. (Markus Bernath, 14.11.2016)