Berlin – EU-Parlamentspräsident Martin Schulz appelliert an Europa, dem designierten US-Präsidenten Donald Trump offen zu begegnen. "Beide Seiten sollten nun auf Null schalten und sich eine Chance geben", sagte der deutsche Sozialdemokrat der "Bild am Sonntag". Auch er habe Trump als gefährlich bezeichnet. Jetzt sei er aber der gewählte Präsident und verdiene Respekt. Der Wahlkampf sei nun vorbei.

"Der Präsident Trump wird ein anderer sein als der Wahlkämpfer Trump", sagte Schulz. Er hoffe, dass Trump seine jüngsten Äußerungen ernst meine und nun versuche, Gräben zuschütten.

Drastische außenpolitische Konsequenzen befürchtet Schulz nicht: "Ein Austritt aus der NATO oder aus der Welthandelsorganisation wäre für die USA genauso riskant wie für alle Partner der USA." Europa müsse sich jedoch darauf einstellen, mehr für seine Verteidigung zu tun.

Drohung an Türkei

Der Türkei drohte Schulz angesichts der dortigen politischen Entwicklung unterdessen mit Strafmaßnahmen: "Wir werden als EU darüber nachdenken müssen, welche wirtschaftlichen Maßnahmen wir ergreifen können". Bis Ende des Jahres solle die Zollunion, in der auch die Türkei Mitglied ist, reformiert werden.

"Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir nach dieser Verhaftungswelle gegen Oppositionsabgeordnete und Journalisten die Zollunion ausweiten", sagte Schulz. Die Beitrittsgespräche mit Ankara will er aber nach Möglichkeit fortsetzen. "Wenn wir die Beziehungen zur Türkei abbrechen, haben wir keine Möglichkeiten mehr, der Opposition und den Gefangenen zu helfen." Deshalb sei er weiterhin für einen Dialog. "Wenn die Türkei die Todesstrafe wieder einführen würde, wären die Beitrittsverhandlungen beendet", machte der SPD-Politiker jedoch deutlich. (APA, 13.11.2016)