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In Portland kam es zu Zusammenstößen.

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Zumindest eine Person wurde durch Schüsse verletzt.

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Prolongierte Proteste.

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Washington – Den dritten Tag in Folge haben in den USA Tausende gegen die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten protestiert. Mit Einbruch der Dunkelheit gingen am Freitag Trump-Gegner unter anderem in Miami, Atlanta, Philadelphia, New York und San Francisco auf die Straßen. In Portland ist in der Nacht zum Samstag eine Person angeschossen und schwer verletzt worden.

Laut Polizei ist der Demonstrant in der Nacht auf Sonntag mit einem Autofahrer auf einer Brücke in Streit geraten, über die ein Demonstrationszug zog. Dann sei der Autofahrer ausgestiegen und habe mehrfach auf sein Opfer gefeuert. Der Täter floh in seinem Wagen, der Angeschossene kam mit nicht lebensbedrohlichen Verletzungen in ein Krankenhaus. Die Polizei forderte die Öffentlichkeit auf, den Tatort sofort zu verlassen.

In Miami marschierten mehrere Tausend Demonstranten durch die Innenstadt. Einige Hundert Teilnehmer blockierten eine Schnellstraße. In New York gab es unter anderem eine Versammlung vor dem Trump Tower, dem Wohnsitz des 70-Jährigen.

"Wir sind hier, um die Menschen zu unterstützen, die Trump beleidigt hat, und um unseren Kindern zu zeigen, dass wir alle eine Stimme haben und für die Menschenrechte eintreten", sagte die 41-jährige Kim Bayer in New York. "Wir haben die Sorge, dass die Trump-Regierung eine Katastrophe für die Menschenrechte wird. Ich hatte noch nie so viel Angst in meinem Leben. Wir müssen hier draußen sein und laut sein."

Trump: "Leidenschaft für unser großes Land"

Bei einer Anti-Trump-Demonstration in Portland ist in der Nacht zum Samstag eine Person angeschossen worden. Die Polizei rief die Demonstranten auf, das Gebiet im Zentrum der Stadt im Bundesstaat Oregon an der Westküste der USA zu verlassen. Zudem suchte die Polizei Zeugen des Vorfalls.

Zuvor war sie wie bereits in der Nacht auf Freitag mit Pfefferspray und Blendgranaten gegen die Demonstranten vorgegangen. Diese hatten Straßen blockiert und mit Gegenständen nach den Polizisten geworfen. Am Donnerstag wurden mindestens 26 Personen festgenommen, nachdem Fensterscheiben eingeworfen und Autos beschädigt worden waren. In Los Angeles kam es sogar zu 185 Festnahmen.

Trump sprach verächtlich von "professionellen Protestlern", die von Medien "angestiftet" worden seien.

Wenige Stunden später gab er sich versöhnlich und attestierte ihnen "Leidenschaft für unser großes Land". Am Ende würden "alle zusammenkommen und stolz sein".

Für das Wochenende sind weitere Proteste geplant. Am Samstag wollen Trump-Gegner unter anderem in New York und Los Angeles demonstrieren. Organisatoren sagten, sie hätten einen langen Atem. Zur Amtseinführung von Trump am 20. Jänner wollten Zehntausende ihre Wut auf den Immobilien-Milliardär zum Ausdruck bringen, sagte Walter Smolarek, einer der Organisatoren der geplanten Veranstaltung. Am 21. Jänner wollen Zehntausende Frauen an einem "Million Women March" in Washington teilnehmen.

Vorwurf sexueller Übergriffe

Trump hatte sich wiederholt abfällig gegenüber Frauen geäußert. Der Wahlkampf-Endspurt war wesentlich von Sexismus-Vorwürfen gegen ihn geprägt. Auslöser war die Veröffentlichung eines Videos aus dem Jahr 2005, in dem er sich vulgär über Frauen äußert. Trump entschuldigte sich zwar und beteuerte, die beschriebenen Handlungen nie vollzogen zu haben. Dem widersprachen jedoch mehrere Frauen, die in verschiedenen Medien konkrete sexuelle Übergriffe beschrieben. Trump wies die Anschuldigungen zurück und kündigte an, wegen Verleumdung klagen zu wollen.

Wenn Trump diese Drohung wahr mache, werde sie ebenfalls juristisch gegen ihn vorgehen, sagte Summer Zervos, eine frühere Kandidatin in Trumps Fernsehshow "The Apprentice", am Freitag in Los Angeles. Zervos hatte Trump vor seiner Wahl zum US-Präsidenten vorgeworfen, sie 2007 bei einem Treffen in einem Hotel in Beverly Hills sexuell bedrängt zu haben. Zervos erklärte, Trump habe sie mit sexuellen Absichten in einen Bungalow gelockt – sie habe ihn nur mit Mühe von sich fernhalten können, er habe sie gegen ihren Willen auf den Mund geküsst. Bei dem Gespräch, bei dem es eigentlich um einen Job für sie gehen sollte, habe Trump sich zudem gegen ihren Willen an sie gedrückt und ihre Brust angefasst.

Im Rahmen einer Pressekonferenz erklärte Zervos: "Auch wenn es schwer und schmerzhaft ist, gegen den mächtigsten Mann der Welt anzugehen, so werde ich weiterhin die Wahrheit sagen und mich nicht zum Schweigen bringen lassen."

Juncker: "Zwei verlorene Jahre"

Auch die internationale Kritik an Trump wird nicht leiser. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker rechnet angesichts der außenpolitischen Unerfahrenheit des künftigen US-Präsidenten Donald Trump mit "zwei verlorenen Jahren" nach dessen Amtsantritt. "Ich denke, wir werden zwei verlorene Jahre haben, bis Herr Trump durch die Welt gereist ist, die er nicht kennt", sagte Juncker am Freitag bei einer Diskussionsveranstaltung mit Jugendlichen in Luxemburg.

Auf die Frage, ob Trumps Wahl die Beziehungen zwischen den USA und Europa beeinflussen werde, sagte Juncker, die US-Bürger interessierten sich generell nicht für Europa. "Das betrifft die politische Klasse ebenso wie das einfache Amerika, sie kennen Europa nicht", fügte der Kommissionschef hinzu. Juncker erinnerte in dem Zusammenhang an die Aussage Trumps während eines Wahlkampf-Auftritts, Belgien sei eine "wunderschöne Stadt".

"Wir müssen dem designierten Präsidenten beibringen, worauf Europa beruht und nach welchen Prinzipien Europa funktioniert", sagte Juncker. Trump stelle Fragen mit "gefährlichen Konsequenzen, weil er die NATO infrage stellt und damit das Modell, auf dem die Verteidigung in Europa basiert".

Der deutsche Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) erwartet hingegen keinen überraschenden Richtungswechsel in der US-Außenpolitik. "Es wird in der Außenpolitik eine Menge Kontinuität geben", prophezeite er am Freitagabend bei einer Veranstaltung des Unternehmerverbandes in Duisburg, wie die Online-Ausgabe der "Rheinischen Post" berichtet.

"Ich glaube, dass die USA gar keine andere Wahl haben werden, als ein internationaler Akteur zu bleiben." Die USA seien ein Land mit starken Einrichtungen beim Militär, bei den Geheimdiensten, im Auswärtigen Amt, die ihrem Präsidenten auch schon mal sagten, was er machen solle, erklärte Altmaier

Sorgen in Mexiko

In Mexiko beobachtet man die Entwicklungen in den Vereinigten Staaten mit Sorge. Trumps Sieg setzt etwa die Börse in Mexiko-Stadt und den Peso unter Druck. Die Landeswährung verlor in der Handelswoche 13 Prozent und wurde am Freitag mit 21,05 Peso zum Dollar gehandelt. Der IPC-Index in Mexiko-Stadt schloss mit einem Wochen-Verlust von 3,7 Prozent.

Trump hatte im Wahlkampf angekündigte, das Nordamerikanische Freihandelabkommen (NAFTA) neu verhandeln oder sogar aufkündigen zu wollen. Zudem brachte er Strafzölle für US-Firmen ins Spiel, die im Nachbarland fertigen lassen. Mexiko würde eine protektionistische Handelspolitik der USA schaden. Es exportiert einen Großteil seiner Güter in die Vereinigten Staaten. Im vergangenen Jahr betrug das Handelsvolumen zwischen beiden Länder mehr als 532 Milliarden US-Dollar. (APA, Reuters, AFP, red, 12.11.2016)