Wenn der Wähler denkt, schlimmer geht es nicht mehr, kommt von irgendwo ein neues Wahlkartenproblem daher. Seit dieser Woche wissen wir, dass mitunter nicht ganz so genau kontrolliert wird, ob die zur Identifikation angegebene Reisepassnummer tatsächlich dem Besteller einer Wahlkarte gehört. Die Gemeinden sind zwar ermächtigt, die Passnummer zu überprüfen, eine Verpflichtung dazu gibt es aber nicht, was in der Praxis dazu führt, dass eben nur stichprobenartig nachgeschaut wird.

Wegen eines Datenlecks bei der von vielen Kleingemeinden benutzten Seite wahlkartenantrag.at war es zudem zeitweise möglich, alle aufliegenden Daten von wildfremden Menschen abzurufen. Wer also schon immer beweisen wollte, dass das Wahlkartensystem betrugsanfällig ist, dem wurde eine willkommene Gelegenheit geboten.

Mehr als fraglich ist, warum eine solche Website von einer privaten Firma betrieben werden muss. Der Slogan "Mehr privat, weniger Staat" mag in manchen Wirtschaftssektoren berechtigt sein, beim Wahlrecht, einem der grundlegendsten Rechte in der Demokratie, ist er es aber sicher nicht. Das Vertrauen in unser Wahlsystem wird durch die nicht enden wollenden Pannen weiter beschädigt. Nach den Schlampereien bei der ersten Stichwahl, die zur Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof geführt haben, und der absurden Klebestreifenaffäre ist dies das Letzte, was wir jetzt gebrauchen können. (Günther Oswald, 10.11.2016)