Die protoplanetaren Scheiben um die jungen Sterne v (links), HD 135344B (Mitte) und RXJ1615 (rechts).

Foto: ESO

Heidelberg – Unser Sonnensystem hat 4,5 Milliarden Jahre auf dem Buckel, dennoch kreist darin noch immer jede Menge Schutt. Im Vergleich zu gerade erst entstandenen Sternsystemen ist es jedoch praktisch leergeräumt: Junge Sterne sind nämlich von einer vergleichsweise dichten Scheibe aus Gas und Staub umgeben.

Stichwort protoplanetare Scheibe

In einer solchen protoplanetaren Scheibe, die sich über mehrere Milliarden Kilometer erstrecken kann, kollidieren Partikel laufend mit anderen Partikeln und verbinden sich. Dieser Prozess setzt sich immer weiter fort und führt über die Herausbildung kilometergroßer Planetesimale und Protoplaneten in der Größe von Monden bis schließlich zur Geburt von Planeten.

Die Wechselwirkung zwischen einer Scheibe und den darin wachsenden Planeten kann dazu führen, dass die Scheibe verschiedene Formen annimmt: Es können sich riesige Ringe, Spiralarme oder eine durch Schatten entstandene scheinbare Lücke in der Scheibe ausbilden. Diese sind für die Forscher besonders interessant, da eine eindeutige Verbindung zwischen diesen Strukturen und den Planeten, durch die sie entstehen, noch gefunden werden muss: ein Rätsel, an dessen Lösung Astronomen derzeit voller Eifer arbeiten.

Von der Entdeckung dreier protoplanetarer Scheiben berichtet das Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg. Die Objekte konnten mit Hilfe des SPHERE-Instruments am Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte (ESO) ausgemacht werden und wurden im Fachmagazin "Astronomy & Astrophysics" vorgestellt.

Symmetrische Ringe

Der erste Fall ist der 600 Lichtjahre entfernte Stern RXJ1615 im Sternbild Skorpion. Ein Team unter der Leitung von Jos de Boer von der Sterrewacht Leiden in den Niederlanden fand eine komplexe Anordnung konzentrischer Ringe, die den jungen Stern umgeben. In ihrer Form erinnern sie an eine gigantische Version der Saturn-Ringe. Solch ein komplexes Ringsystem in einer protoplanetaren Scheibe konnte bisher nur wenige Male abgebildet werden. Noch aufregender ist für die Forscher ihre Vermutung, dass das ganze System nur 1,8 Millionen Jahre alt ist – deutlich jünger als die meisten bisher entdeckten protoplanetaren Scheiben.

Ein Team um Christian Ginski, ebenfalls von der Sterrewacht Leiden, beobachtete den jungen Stern HD 97048 im Sternbild Chamäleon, der etwa 500 Lichtjahre von der Erde entfernt ist. Durch akribische Auswertung fanden sie heraus, dass sich die Scheibe um diesen Stern ebenfalls in konzentrische Ringe verwandelt hat. Die Symmetrie dieser beiden Systeme ist ein überraschendes Ergebnis, da die meisten protoplanetaren Scheiben eine Vielzahl von asymmetrischen Spiralarmen, Lücken und Wirbeln enthalten.

Das dritte System

Ein besonders beeindruckendes Beispiel der häufiger auftretenden asymmetrischen Scheiben wurde indes von einer Gruppe Astronomen um Tomas Stolker vom Anton Pannekoek Institute for Astronomy in den Niederlanden aufgenommen. Die Scheibe umgibt den Stern HD 135344B, der etwa 450 Lichtjahren von uns entfernt ist. Obwohl der Stern in der Vergangenheit schon ausgiebig untersucht wurde, konnte seine protoplanetare Scheibe mit SPHERE mit mehr Detailschärfe beobachtet werden.

Das große zentrale Loch und die beiden markanten spiralarmähnlichen Strukturen sind vermutlich durch einen oder mehrere massereiche Protoplaneten entstanden, die irgendwann zu einem jupiterähnlichen Planeten werden. Außerdem wurden vier dunkle Streifen beobachtet, bei denen es sich offenbar um Schatten handelt, die durch die Bewegung der Materie innerhalb der Scheibe von HD135344B entstehen.

Außergewöhnlich ist daran, dass sich einer der Streifen in den Monaten zwischen den Beobachtungen deutlich veränderte. Selten kann die Entwicklung eines Planeten, die auf Veränderungen in der inneren Scheibenregion hindeutet, in Echtzeit beobachtet werden, so die Forscher. (red, 13. 11. 2016)