Brüssel/Tirana – Die EU-Kommission empfiehlt die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit Albanien unter Bedingungen. Unter bestimmten Voraussetzungen schlägt die Kommission auch erneut Gespräche mit dem Sorgenkind Mazedonien vor. Für Serbien und den Kosovo gibt es in dem von Erweiterungskommissar Johannes Hahn am Mittwoch vorgelegten EU-Fortschrittsbericht ein kleines Lob.

Albanien attestiert die Kommission einen "konstanten Fortschritt bei der Erfüllung" der für die Eröffnung der Gespräche notwendigen Schlüsselelemente. Als Bedingungen für die Empfehlung nennt die Kommission "die Umsetzung der Justizreform, insbesondere die Überprüfung von Richtern und Staatsanwälten". Sie lobt hier die bisherigen Bemühungen Albaniens. Für die Eröffnung von Beitrittsgesprächen braucht es die Zustimmung aller 28 EU-Staaten.

"Glaubwürdige Wahlen" als Bedingung für Mazedonien

Mazedonien ist das Sorgenkind unter den Westbalkanländern. "Das letzte Jahr war eines der andauernden politischen Krise", heißt es in dem Bericht. Sorgen, dass "eine Vereinnahmung des Staates die demokratisch funktionierenden Institutionen und Schlüsselelemente der Gesellschaft" beeinflusst, bleiben bestehen. Mazedonien müsse vor allem bei der vorgezogenen Parlamentswahl im Dezember das Przino-Abkommen vom Juli 2015 umsetzen, das unter anderem glaubwürdige Wahlen vorsieht. Auch ein "erheblicher Fortschritt" bei Justizreformen gehört zu den Bedingungen, unter denen die Kommission erneut Beitrittsgespräche mit Mazedonien empfiehlt – eine Empfehlung, der die EU-Außenminister bisher nicht nachgekommen sind.

Besorgt äußert sich die EU-Kommission auch über Montenegro, wo sich die finanzielle Lage zunehmend verschlechtere. Angesichts der steigenden Staatsverschuldung fordert die Kommission eine "restriktivere Ausgabenpolitik und Verbesserung der Einnahmen". Auch der Rechtsstaat müsse "mehr Resultate liefern, um die Erfolgsquote im Kampf gegen Korruption und organisiertes Verbrechen zu erhöhen". Entsprechende Fortschritte würden das Tempo der Beitrittsgespräche bestimmen.

Gespräche mit Serbien von Beziehung zum Kosovo abhängig

Serbien stellt die Kommission die Eröffnung weiterer Beitrittskapitel in Aussicht. Die im Frühjahr gewählte Regierung sei ihrem Ziel eines EU-Beitritts einen "großen Schritt näher gekommen". Die Geschwindigkeit der Beitrittsgespräche hänge von Fortschritten bei der Rechtsstaatlichkeit und der Normalisierung der Beziehung zum Kosovo ab, dessen Unabhängigkeit Serbien bisher nicht anerkennt.

Ein kleines Lob erteilt die Kommission dem Kosovo für das Inkrafttreten des Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen zu Beginn des Jahres. Außerdem habe der Kosovo "große Fortschritte in der Erfüllung der Voraussetzung für die Visa-Liberalisierung" erzielt. Angesichts der Behinderung der parlamentarischen Arbeit durch die Parteien fordert die Kommission die Parteien auf, "den politischen Stillstand zu überwinden" und sich um die "zahlreichen reformtechnischen Herausforderungen" bei der Rechtsstaatlichkeit und in der Wirtschaft zu widmen.

Abwarten gegenüber Bosnien

Abwartend ist die Kommission gegenüber Bosnien-Herzegowina. Die EU-orientierten Reformenbemühungen müssten nun aufgenommen werden, um die "tiefverwurzelten" Strukturprobleme in den Griff zu bekommen. Die Regierung müsse die Rechtsstaatlichkeit und die öffentliche Verwaltung an europäische Standards anpassen.

Der Kosovo und Bosnien-Herzegowina haben im Gegensatz zu Serbien, Montenegro, Mazedonien, Albanien und der Türkei noch nicht den Status eines EU-Beitrittskandidaten. (APA, red, 9.11.2016)