Wien – Ab etwa Anfang November gibt es für Bewohner der Alpenländer sehr grob zusammengefasst zwei Optionen: sich heftig ärgern und wütend sein, weil es langsam wieder saukalt und nass wird, weil das frühmorgendliche Eiskratzen der Autoscheiben bevorsteht, weil Lkws die Schneefahrbahn blockieren, weil das Fahrrad auf der rutschigen Fahrbahn dahinschleudert, weil die Straßenbahn im Schneetreiben zu spät kommt, weil Gehsteige und Höfe freigeschaufelt werden müssen, weil dreckiger Schneematsch für die neuen Schuhe eine zum Teil unüberwindbare Hürde darstellt – und weil andere Autofahrer beim ersten Schneefall das Autofahren scheinbar verlernt haben.

Oder man freut sich wie der kleine Pezi, dass nach Frühling, Sommer und Herbst auch wieder einmal Winter einkehrt – mit allen positiven wie negativen Begleiterscheinungen.

Am 10. November in Wien

Das Freeride-Filmfestival hat definitiv bei der zweiten Gruppe das bessere Standing. Das Festival geht heuer zum fünften Mal auf Tour, diesmal sind es sechs Tourstopps in Österreich und Deutschland. Gezeigt werden hauptsächlich Wintersportfilme von österreichischen und deutschen Freeridern und Produzenten. Am Donnerstag gastiert das Festival in Wien. Nach den Erfolgen der vergangenen Jahre – als Szenetreff der städtischen Pulverschnee-Aficionados – sind wieder zwei Vorstellungen im Gartenbaukino (17 und 20.30 Uhr) geplant.

Der Trailer zum Festival.

Gezeigt werden insgesamt sieben Filme (oder Ausschnitte von Filmen), die allesamt nicht länger als 25 Minuten dauern. Die Quintessenz für die Produktionen, also der Schnee, stammt diesmal aus den heimischen Gebieten Zillertal und Arlberg genauso wie aus der Türkei, Armenien, Sibirien und Alaska.

Die österreichischen Freerider Matthias Mayr und Matthias "Hauni" Haunholder haben sich etwa zu Abenteurern gemausert. Nach ihrer Expedition zum schneebedeckten Vulkan auf Onekotan, einer zur Russland gehörenden Insel mitten im Pazifik, hat sich das Duo in ihrem Film "The White Maze" diesmal die Erstbefahrung der Gora Pobeda vorgenommen, dem mit 3.003 Metern höchsten Berg Ostsibiriens. Die nächste Straße, die diesen Namen auch verdient, ist etwa 350 Kilometer vom Berggipfel entfernt. Der Film zeigt den Gewaltakt, der nur dank der Hilfe der indigenen Nomaden auch erfolgreich abgeschlossen werden konnte.

Matthias Mayr und Matthias "Hauni" Haunholder in Sibirien.
Foto: Jonas Blum

Die heimischen Topathleten Eva Walkner und Nadine Wallner, beide bereits Weltmeisterinnen in der Freeride World Tour (FWT), haben sich mit der schwedischen Weltmeisterin Christine Hargin in "Exploring Alaska" dem Phänomen des Freeride-Eldorados angenähert. Der folgenreiche Sturz von Wallner, die nach ihrer schweren Verletzung fast zwei Jahre um ihr Comeback kämpft, wird dabei nicht ausgespart.

Alaska-Lines – samt ordentlichen Brezen – zeigt auch Freeskier Tobi Tritscher in "33 Mile", während Filmemacher Hanno Mackowitz mit den Freeridern Stefan Häusl und Björn Heregger den Beweggründen des Profi-Freeridens in den heimischen Alpen nachgeht.

Tobi Tritscher in Alaska.
Foto: Atomic/Pally Learmond

Snowboarder Wolle Nyvelt zeigt in "Äsmosphere" hingegen seine Leidenschaft fürs Surfen auf dem Berg und im Meer.

Wolle Nyvelt zeigt Tricks mit seinem Brett ohne Bindung, dem sogenannten Äsmo Powdersurfer.
Foto: Monepic

Beim Freeride-Filmfestival mit dabei sind wie gewohnt die Protagonisten der teilnehmenden Filme, die in Gesprächsrunden in Pausen auch Wissenswertes über die Szene liefern. Hinter dem Festival stehen übrigens keine großen Firmen, sondern zwei Schneeverrückte: der Pinzgauer Volker Hölzl, der auch Freeride Camps veranstaltet und frei zugängliche Informationssysteme für Freerider und Tourengeher entwirft, sowie der Arlberger Exsnowboardprofi und Filmemacher Harry Putz. (David Krutzler, 7.11.2016)