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Die Ungarn könnten sich an der verkauften MávCargo wieder beteiligen.

Foto: EPA

Wien – Die Pläne für eine teilweise Reprivatisierung der ungarischen Güterbahn MávCargo sind offenbar konkreter als von der regierungsnahen Zeitung Magyar Idok berichtet. Insider berichten von vitalem Interesse der Ungarn an einem Anteil in der Größenordnung von zehn Prozent an der 2009 an die ÖBB-Güterverkehrssparte Rail Cargo Austria (RCA) verkauften MávCargo. Sie wurde inzwischen in Rail Cargo Hungaria (RCH) umgetauft und ist fixer Bestandteil der RCA-Gruppe.

Als Käufer würde die frühere Mutter von MávCargo, die ungarische Staatsbahn Máv fungieren, berichten mit der Materie vertraute Personen in der österreichischen Staatsbahn ÖBB unter Berufung auf Gespräche auf Regierungsebene. Über den Preis, den Máv für einen solchen Anteil bezahlen würde, wird in der ÖBB freilich ebenso gerätselt wie über die Frage nach der Sinnhaftigkeit einer solchen Beteiligung ohne nennenswertes Mitspracherecht.

Angespannte Finanzlage

Als Zahlungsmittel werden angesichts der angespannten Finanzlage beider Bahnkonzerne übrigens auch "immaterielle Werte" ins Spiel gebracht. Solche könnten etwa in regulatorischen Hilfen durch Eisenbahnbehörden bestehen, beispielsweise gegen Privatbahnen, die den beiden Platzhirschen das Leben schwermachen, indem sie Marktanteile gewinnen und Margen unter Druck geraten.

Die ÖBB wollte zu einem solchen Deal keine Stellungnahme abgeben. Das Thema geistere immer wieder durch ungarische Medien, und man beteilige sich grundsätzlich nicht an Spekulationen oder politischen Debatten.

Kartellrechtlich heikel

Ob ein Deal dieser Dimension die wettbewerbsrechtlichen Genehmigungen der EU-Kommission bekommen würde, bleibt freilich ungewiss. Der Staatseinfluss auf den ungarischen Eisenbahnmarkt würde sich jedenfalls erhöhen. Denn die Nachbarstaaten Österreich und Ungarn betreiben bereits gemeinsam die Raaberbahn mit Personen- und Güterverkehr, und mit einer Beteiligung der Máv an RCH würden sich zwei marktbeherrschende Unternehmen verbünden.

Die Regierungspartei Fidesz des ungarischen Premierministers Viktor Orbán jedenfalls würde mit dieser kleinen Reprivatisierung wohl eine Scharte auswetzen. Sie war damals in der Opposition und hatte sich stets gegen den Verkauf von MávCargo an die ÖBB ausgesprochen. In Österreich sorgte nicht nur der Kaufpreis von umgerechnet 400 Millionen Euro für Schlagzeilen, der RCA nach Ausbruch der Finanzkrise in Turbulenzen brachte, es gab auch Korruptionsverdacht rund um die Lobbying-Agentur Geuronet und ihr Honorar von 6,5 Millionen Euro.

Lok-Kooperation

In dem durch die Flüchtlingskrise grundsätzlich belasteten österreichisch-ungarischen Verhältnis scheinen die Weichen derzeit voll auf Kooperationsbereitschaft gestellt zu sein. Abseits des MávCargo-Deals bahnt sich nämlich eine weitere Zusammenarbeit an. Sie besteht aus Lokomotiven, die sich Máv von der ÖBB-Güterbahn RCA ausleihen könnte. Der Grund: Es fehlt an mit dem Zugsicherungssystem ETCS aufgerüsteten Triebfahrzeugen. Der ungarische ÖBB-Ableger RCH habe rund 20 solcher Loks, die mit Güterwagons ohnehin selten mit 160 km/h fahren könnten. Die Güterzüge könnten mit Loks der Ungarn fahren, und Österreich bekäme Miete. RCA habe nur drei ETCS-fähige Loks, stellt ÖBB-Sprecher Michael Braun klar, und die vermiete man für ETCS-Testfahrten ohnehin, sofern man sie selbst nicht brauche. (Luise Ungerboeck, 7.11.2016)