Los Angeles – Diesmal lief in den beiden wichtigsten Bewerben des Millionen-Spektakels Breeders Cup, der US-Meisterschaft der Galopp-Rennpferde, Einiges doch anders als erwartet. Im BC Classic (6 Mio $) über 2.000 sandige Meter auf der Rennbahn Santa Anita in Los Angeles schien bis 200 Meter vor dem Ziel der Favorit California Chrome, ein fünfjähriger Hengst, der heuer noch alle seine Rennen gewonnen hatte, auch dieses in sicheren Tüchern zu haben.
Gleich nach dem Start hatte er die Führung übernommen, galoppierte immer ein paar Längen vor dem Feld und als sich sein Jockey Victor Espinoza zu Beginn der Zielgeraden nach Gegnern umsah, war zwar der dreijährige Graue namens Arrogate rund eineinhalb Längen hinter ihm, aber nach allem was man von CC bisher gesehen hatte, schien er keine ernsthafte Gefahr. Doch Mike Smith, Reiter mit vielfacher Siegerfahrung gerade in solchen Rennen, machte plötzlich nochmals Dampf und zog mit Arrogate auf den letzten 100 Metern noch vorbei.
"Er ist unglaublich"
Selbst sein Trainer Bob Baffert, eine Legende des US-Rennsports, war verblüfft. "Ich hatte eigentlich nicht gedacht, dass wir CC schlagen könnten. Als die Pferde in die Zielgerade kamen, dachte ich, ein zweiter Platz hinter diesem wirklich guten Pferd wäre schon ok. Ich dachte nie, dass er Chrome noch schlagen könnte." Jockey Mike Smith, der sein 25. BC-Rennen gewann: "Er ist unglaublich. Er hat Stehvermögen und gibt nie auf."
Für Arrogates Besitzer Khalid Abdullah waren die 2,7 Mio $ ein wunderbares Trostpflaster, denn 2 Stunden vorher hatte sein Spitzenpferd Flintshire zwar im BC Turf (4 Mio $, 2.400 Meter) die Arc-Siegerin Found mit gut zwei Längen Vorsprung bezwungen. Doch den vierjährigen Hengst Highland Reel aus dem O’Brien-Rennstall, der vom Start weg die Spitze übernommen hatte, aber unter Jockey Seamie Heffernan eher neben Found als zweite Waffe gegolten hatte, konnte er nicht mehr einholen.
"Er ist, wenn er vorne geht, ganz tapfer. Wenn er gehen will, dreht er mächtig auf", wusste sein Reiter, der mit ihm 800 Meter vor dem Ziel gut sieben Längen vor dem Feld lag. Flintshire konnte diesen Vorsprung bis ins Ziel nur auf 1 ¾ Längen verkürzen. Flintshire’s Reiter Javier Castellano ärgerte sich: "Normalerweise gehen europäische Pferde die Rennen nicht so aggressiv an, reißen aus und halten auch nicht das Tempo. Er hat versucht, das Rennen zu stehlen – und er hat es gestohlen."
Es war der zweite europäische Sieg in den sechs Grasbahn-Rennen für die Europäer, die in den Sandbahn-Rennen gleich gar nicht antraten. Im Stuten-Rennen über 2.000 Meter Gras konnte Jockey-Legende Frankie Dettori mit der Dreijährigen Queen‘s Trust die hohe US-Favoritin Lady Eli mit Nasenlänge Vorsprung bezwingen. Europa hat im Breeders Cup schon schlechter abgeschnitten. (Nikolaus Dolenz, 6.11.2016)