Die Gletscherschmelze ist eines der sichtbarsten Zeichen der Klimaerwärmung.

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London – Am Tag vor dem Inkrafttreten des Klimaabkommens von Paris hat die Uno ihre Mitgliedsländer wachgerüttelt. Der jährliche "Emissions Gap Report" des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (Unep), der am Donnerstag vorgestellt wurde, gibt wenig Anlass zu Zufriedenheit. Die Pariser Klimaziele scheinen derzeit kaum erreichbar zu sein.

Um wie vereinbart die Erderwärmung bis Ende des Jahrhunderts auf zwei Grad zu begrenzen, müsste der für 2030 erwartete Ausstoß von Treibhausgasen ungefähr um ein Viertel verringert werden, heißt es in dem Bericht. Die Bemühungen darum müssten also dringend drastisch erhöht werden.

Dem Bericht zufolge steuert die Welt auf einen Ausstoß von Treibhausgasen mit einem Erwärmungspotenzial von 54 bis 56 Gigatonnen Kohlenstoffdioxid im Jahr 2030 zu. Notwendig wäre aber eine Reduzierung auf 42 Gigatonnen, um das Zwei-Grad-Ziel zu erreichen.

Nordamerika unter Plan

"Die Wissenschaft zeigt, dass wir uns schneller bewegen müssen", sagte Unep-Direktor Erik Solheim und rief zu energischem Handeln bei der Weltklimakonferenz im marokkanischen Marrakesch auf. Er warnte vor "vermeidbaren menschlichen Tragödien" in Form von Hunger, Krankheiten und Konflikten als Folge der Klimaerwärmung.

Mehr als 190 Staaten hatten sich beim Pariser Klimagipfel im Dezember 2015 dazu verpflichtet, die globale Erwärmung auf "deutlich unter zwei Grad" oder besser noch auf 1,5 Grad zu begrenzen. In Marrakesch beginnt am Montag die nächste Weltklimakonferenz. Dabei geht es um die Wege zur Zielerreichung.

China, der EU und Indien wird in dem Bericht bescheinigt, auf einem guten Wege zu sein, ihre bisherigen Versprechungen von früheren Konferenzen bis 2020 einzuhalten. Die USA, Kanada und Mexiko dagegen müssten ihre Anstrengungen dafür noch erhöhen, hieß es.

Für Österreich sind in dem Bericht keine gesonderten Zahlen enthalten. Als positives Beispiel von Energieeffizienzmaßnahmen werden allerdings im Jahr 2007 in Tirol eingeführte Wohnbauförderungen für passive Bauweisen erwähnt. Das Bundesland habe 2014 mit einem Anteil von 21 Prozent die weltweit höchste Dichte an Passivhäusern aufgewiesen.

Rupprechter spricht von Rekord

Dass der Klimavertrag von Paris weniger als ein Jahr nach der Einigung in Kraft treten könne, sei "ein Rekord und ein ganz wichtiges Zeichen", sagte Umweltminister Andrä Rupprechter (ÖVP) am Donnerstag. "Österreich ist vorne mit dabei und ist einer der ersten Staaten in Europa, die den Vertrag ratifiziert haben. Jetzt geht es ans Umsetzen." Nach dem politischen Durchbruch müsse man jetzt viele Details ausarbeiten, damit der Vertrag zur Geltung komme. Das werde ein Kernthema der Konferenz in Marrakesch sein.

Die Klimakonferenz COP 22 tagt ab Montag in der marokkanischen Stadt. "Ich hoffe, dass wir uns auf einen Arbeitsplan einigen können, alles in einem Paket bis 2018 fertigzustellen. Das ist ambitioniert, aber ohne Alternativen", so Rupprechter. Erst wenn alle Einzelheiten fixiert seien, könne der Pariser Vertrag umgesetzt werden. Das müsse so rasch wie möglich geschehen.

NGOs fordern mehr Einsatz von Österreich

Vor allem NGOs fordern "mehr Handlungsbereitschaft" von der Politik. Österreich sei bei der Reduktion der Treibhausgasemissionen säumig und leiste "besonders wenig Unterstützung für Entwicklungsländer", hieß es am Donnerstag in einer Aussendung der Allianz für Klimagerechtigkeit.

Im Jahr 2014 wurden 76,3 Millionen Tonnen Treibhausgase in Österreich ausgestoßen. Das bedeute gegenüber 1990 einen Rückgang um 3,2 Prozent, der EU-Durchschnitt liege jedoch bei einem Rückgang um 24,4 Prozent, kritisierte das Bündnis mit 24 Mitgliedsorganisationen. Im Jahr 2015 stiegen die Treibhausgasemissionen in Österreich gegenüber dem Jahr davor außerdem um 3,2 Prozent. "Die Bundesregierung muss hier deutlich mehr machen und die Ärmel aufkrempeln", sagt Johannes Wahlmüller, Klima- und Energiesprecher bei Global 2000.

Nachbesserungen sind laut der Allianz für Klimagerechtigkeit aber auch bei den Zielen der EU nötig. Die Beiträge der Staaten würden nicht ausreichen, um die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens zu erreichen. "Hier muss Österreich Druck machen und darauf hinwirken, dass die erste Überprüfung der Klimaschutzbeiträge im Jahr 2018 genützt wird, um die Beiträge der Staaten in Einklang mit den Zielen des Abkommens zu bringen", sagt WWF-Klimaexperte Karl Schellmann. (APA, dpa, 3.11.2016)