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2015 wurde Präsidentschaftskandidat Trump noch belächelt.

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Die "stille Mehrheit": Trumps Wahlkampf zeigt, wie viele Amerikaner willens sind, einen Mann zu unterstützen, der mit Hassreden und rechten politischen Ansichten für ein politisches Amt nicht qualifiziert ist.

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Als Donald Trump im Juni 2015 verkündete, die Nominierung der republikanischen Partei als Präsidentschaftskandidat anzustreben, wurde dies von vielen Amerikanern als PR-Stunt abgetan. Man fragte sich, warum ein Geschäftsmann, der bislang kein politisches Amt, weder regional noch national, in seinem Lebenslauf aufzeigen konnte, glaubte, dass dies eine realistische Möglichkeit sei. Auch innerhalb der Partei wurde sein Unterfangen belächelt, bis zum 19. Juli 2016, als Trump tatsächlich die Nominierung erhielt.

Es stellt sich die Frage, warum Trump es schaffte, Millionen von Amerikanern für sich zu gewinnen. Die Antwort liegt in seinem offen zur Schau gestellten Rassismus. Obwohl, vor allem seit dem 7. Oktober, Trumps Sexismus und die publizierten erniedrigenden Kommentare über Frauen, sei es in Interviews, TV-Shows oder auf Twitter, die Schlagzeilen dominieren, sollte über dessen rechte Einstellung gegenüber Nichtweißen nicht hinweggesehen werden.

Gefährliche Hetzerei

In seiner ersten politischen Rede im Juni 2015 erklärte Trump, dass Mexiko "nicht seine besten Immigranten" schicke. "Sie bringen Drogen, sie bringen Verbrechen, sie sind Vergewaltiger." In demselben Statement verkündete er auch, dass er eine "great wall", eine große Mauer entlang der US-amerikanisch-mexikanischen Grenze bauen lassen wolle, für die Mexiko bezahlen solle.

Diese Art von Rechtspopulismus wurde von Trumps Anhängern bei seinen Wahlkampfauftritten und politischen Rallyes lautstark bejubelt. Eine bestimmte Gruppe von Immigranten als kriminell und sexuell abartig darzustellen, kann nicht nur als verantwortungslos und rassistisch betrachtet werden, sondern auch als eine gefährliche Hetzerei gegen die 12,1 Millionen mexikanischer Immigranten (legal und illegal), die laut dem Center for Immigration Studies im Jahr 2015 in den USA lebten.

Keine Distanzierung

Dies wird vor allem klar ersichtlich, wenn man Videos und Berichte von Trumps Rallyes betrachtet. Ein Video der "Huffington Post" zeigt einen Trump-Unterstützer, der im vergangenen Juni bei einer Kundgebung in Phoenix, Arizona, einem Mann mexikanischer Herkunft rassistische Phrasen entgegenschrie und mit dem "Heil Hitler"-Gruß salutierte.

Ähnliche Berichte, bei denen nichtweiße Männer und Frauen körperlich attackiert und rassistisch beschimpft wurden, gab es in den vergangenen Monaten immer wieder. Besonders schockierend ist die Tatsache, dass sich Trump als Präsidentschaftskandidat nie klar gegen diese unzähligen rassistischen Vorfälle, die bei seinen Kundgebungen stattfanden, aussprach.

Obwohl sich Trump um die Wahlstimmen von Afroamerikanern bemüht und bei einer Rallye in Michigan im vergangenen August meinte, dass die Demokraten nichts für die afroamerikanische Bevölkerung getan und diese nichts zu verlieren hätten, wenn sie ihn wählen, sind seine Äußerungen gegenüber schwarzen Amerikanern ebenfalls als rassistisch und ignorant einzustufen.

Der Fall der "Central Park Five"

Am 6. Oktober bat CNN Trump um einen Kommentar zu dem Kriminalfall der "Central Park Five" im Jahr 1989. Damals wurden vier Afroamerikaner und ein Latino fälschlicherweise verurteilt, eine weiße Frau vergewaltigt zu haben. Spätere DNA-Untersuchungen und ein Geständnis des eigentlichen Vergewaltigers im Jahr 2002 führten zu Freisprüchen der fünf festgenommenen Männer. Trump meinte, dass die fünf Jugendlichen damals selbst ein Schuldgeständnis abgelegt hätten (das sie jedoch unter der Angabe widerriefen, nach einer zweitägigen Befragung von der Polizei dazu genötigt worden zu sein) und auch die Polizei angab, dass die fünf schuldig seien. Obwohl sie die DNA-Resultate von jeglicher Schuld freisprachen, will Trump diesen Fehler nicht als solchen erkennen. Stattdessen macht er mit seiner Meinung erkenntlich, dass im Falle von kriminellen Anschuldigungen gegenüber nichtweißen Männern ein Freispruch nicht gelten würde.

Vor allem in dem momentanen mehr als angespannten sozialen Klima in den USA, was Polizeibrutalität gegenüber Afroamerikanern anbelangt, zeigt Trumps Äußerung auch, wie viele weiße Amerikaner Kriminalität mit Minderheiten gleichsetzen. Das ist auch in den Präsidentschaftsdebatten zu erkennen, in denen Trump Afroamerikaner immer wieder mit dem Ausdruck "inner city" (Innenstadt, meist als das Problemviertel einer Großstadt angesehen) in Verbindung bringt. Dieser Ausdruck wird generell mit Armut, Drogen und Gewaltverbrechen gleichgesetzt, und durch Trumps wiederholte Verwendung der Phrase werden diese ignoranten Gleichsetzungen zwischen Minderheiten und Kriminalität kontinuierlich vertieft. Doch weder lebt die gesamte afroamerikanische Bevölkerung in "inner cities", noch sind alle Menschen, die dort wohnen, gewalttätig und kriminell. Trumps Aussagen führten zu heftigem Widersprechen von afroamerikanischen Twitter-Usern.

Rechtes Denken floriert

Trumps Wahlkampf ist für die Zukunft der USA in vielerlei Hinsicht sehr bedenklich. Er zeigt, wie viele Millionen von weißen Amerikanern willens sind, einen Mann zu unterstützen, der mit seinen Hassreden und rechten politischen Ansichten für ein politisches Amt nicht qualifiziert ist. Zudem bleibt die Gewissheit: Sollte Trump nicht gewinnen, wird er sich wieder seinen Geschäften widmen, aber die rechts-gesinnten Unterstützer werden bleiben. Ein Land, das 2008 einen afroamerikanischen Präsidenten gewählt und stolz verkündet hat, dass Rassismus somit ein Ding der Vergangenheit sei, bekommt jetzt stark vor Augen geführt, dass das rechte Denken nach wie vor stark floriert. (Johanna Ortner, 4.11.2016)