American Anarchist, Charlie Siskel, 2016

Foto: Viennale

Abends auf dem Weg zum Gartenbaukino. Auf dem unbeleuchteten, umzäunten Spielplatz beim Stadtparksteg sitzen vermummte Gestalten, die Kapuzen hochgezogen. Bierdosen, Essen aus Papierln. Fast unsichtbar, bemerkbar nur an den vorsichtigen Bewegungen, wenn wieder etwas aus den Plastiksackerln herausgezogen wird. Freaky ...

Auf glattem Eis bewegt sich der norwegische, zum Islam konvertierte Dokumentarfilmer Paul S. Refsdal mit "Dugma – The Button", der Knopf also, durch dessen Berührung Gebäude, "Feinde" und Märtyrer in die Luft fliegen. Er schafft es, die porträtierten Kämpfer der al-Nusra-Front von ihrer "menschlichen" Seite zu zeigen, ohne sich indirekt zum Handlanger machen zu lassen. Beeindruckend und verstörend.

Ebenso gelungen die Doku von Charlie Siskel, dem Produzenten von "Bowling for Columbine", über den Verfasser des "American Cookbook". 1970 gibt darin der "American Anarchist" William Powell Anleitung zum Waffenbau, ruft zum Umsturz auf. 45 Jahre später entzieht er sich geschickt den Versuchen des Regisseurs, ihm eine Distanzierung von den damaligen Postulaten zu entlocken. Das Buch, versehen mit der offiziellen Warnung "This book is not for children and morons", hat sich immerhin mehr als zwei Millionen Mal verkauft.

Wie nichtssagend dagegen Bertrand Bonellos Versuch, in "Nocturama – Paris is happening", dem Terror eine modische Note zu verleihen. Jugendliche schablonenhafte Akteure unterschiedlicher Herkunft und Sozialität, die sich wie in Bunuels "Würgeengel" nächtens in einem leeren Kaufhaus bewegen. Der Regisseur ist sichtlich brüskiert von der einheitlich lauen bis negativen Reaktion des Publikums, dementsprechend knapp fällt seine Stellungsnahme aus: Er habe den Film so gemacht, wie er es wollte. Punktum. (Thomas Leitner, 28.10.2016)