Das Geschäft der Macht ist ungesund: Franziska Hackl als Maria Stuart in Friedrich Schillers gleichnamigem Stück am Stadttheater Klagenfurt.

Foto: Christian Kaufmann

Klagenfurt – Man könnte an der Klagenfurter Maria Stuart leicht einiges aussetzen: Nikolaus Bartons Graf von Leicester schnappt über, noch bevor er über die erste Leiche geht; Benedikt Pauluns Mortimer hat alle Behäbigkeit, die ein revolutionärer Hitzkopf nicht brauchen kann; und der in Wien lebende Norweger Kyrre Kvam wird mit seinen feinfühligen Musikarrangements drei Stunden lang an den Rand gedrängt.

Das Erstaunliche an Stephanie Mohrs Regie ist, dass all diese Unausgegorenheiten das Seelendrama zwischen Elisabeth (Isabel Schosnig) und Maria Stuart (Franziska Hackl) nicht aus der Unruhe bringen. Die Szene der persönlichen Begegnung der beiden Königinnen, von Schiller frei erfunden, lässt alle idealistischen Grübeleien des alten Weimar verblassen. Da steht einfach nur mehr eine Karrierefrau, die am liebsten auch noch begehrenswert wäre, einer Begehrenswerten gegenüber, die gern Karriere machen würde. Schosnig und Hackl krönen eine Umsetzung, die textlich mutig nahe am Original bleibt. Ein ungläubig fragendes "Ach?", ein wie belästigt intoniertes "Gott!" können genügen, das Machtspiel ins Heute zu holen.

Unaufdringlich heutig sind auch die Kostüme (Nicole von Graevenitz): Anzüge für die Lords und, in den entscheidenden Momenten des Finales, bezeichnenderweise fast idente schwarze Kleider für die Königinnen. Auch die Bühneneinrichtung Miriam Buschs ist nicht auf Historie, sondern ganz auf einen finsteren Gesamteindruck ausgerichtet. Ein Gefängnis für alle.

Eine diplomatisch kaum verbrämte Verkörperung der Staatsräson ist Michael Schönborns Großschatzmeister Baron von Burleigh. Und eine kleine theatralische Kostbarkeit ist Heiner Stadelmanns Talbot. Dieser weise alte Mann, stets um den Ausgleich zwischen Herz und Verstand bemüht, wird besonders erkennbar als jene Stimme, mit der Schiller sich selbst als Mittler zwischen die heillosen Gegensätze seines Stückes zu mengen versucht hat. Es ist die Kapitulation eines einstmals großen Hoffenden, mit der Talbot schließlich sein Amt zurücklegt. (Michael Cerha, 28.10.2016)