Als Olga Gerovassili kurz vor Mitternacht vor die Kameras tritt, ist keine Zeit für Nuancen. Wenige Stunden nach einem Richterentscheid, der Griechenlands linkem Premier eine empfindliche politische Niederlage zugefügt hat, ist die Regierungssprecherin ganz auf Kampf eingestellt. Weil die obersten Verwaltungsrichter gerade die ersten Lizenzvergaben für private TV-Sender annulliert haben samt Millioneneinnahmen für die Staatskasse, haben 15.000 Kinder jetzt keinen Platz mehr im Kindergarten, so wütet die Regierungssprecherin. Und sie sagt noch mehr.

Knapp 246 Millionen Euro hat die linksgeführte Regierung im Vormonat für die Ausschreibung von vier Sendelizenzen für zehn Jahre eingestrichen. Auf dem Papier. Die Sender hatten eine Vorabzahlung geleistet, der Großteil des Geldes würde erst noch kommen und war ohnehin Griechenlands Gläubigern versprochen. Doch für soziale Wohltaten reservierte sich die Regierung Tsipras auch einen Teil. Der ist nun erst einmal weg.

Gerovassili warf den Verwaltungsrichtern indirekt unpatriotisches und unsoziales Verhalten vor. Eben dasselbe Gericht habe die Sparprogramme der Gläubiger als verfassungskonform beurteilt und auch die Zerstörung der Pensionsfonds durch den Schuldenschnitt, so schimpft sie in der Nacht zu Donnerstag in die Kameras. "Wir haben einen Krieg, und die Linke weiß, wie sie zu kämpfen hat", erklärte ein Vizeminister in der Nacht, wohl auf den Bürgerkrieg zwischen 1946 und 1949 anspielend. Denn bei den Fernsehlizenzen geht es noch um wesentlich mehr als nur um Geld und Kindergartenplätze.

"Dreieck der Sünde"

Alexis Tsipras nannte es zu Oppositionszeiten schon das "Dreieck der Sünde". Gemeint war damit das Jahrzehnte alte Geflecht zwischen Medien, Politikern und Bauwirtschaft in Griechenland. Seit es an Geld zur freihändigen Vergabe öffentlicher Bauaufträge fehlt, sind die Banken ins Spiel gekommen. Die früheren Regierungspolitiker, so behauptet die Linke, haben noch in den Krisenjahren nach 2009 Millionenkredite für die Medienbosse arrangiert im Gegenzug für regierungsfreundliche Berichterstattung. Lizenzen waren nie ausgeschrieben worden.

Die Neuordnung der griechischen Medienlandschaft hat Tsipras deshalb zu einer leuchtenden Gesellschaftsreform der Linken machen wollen. Das oberste Verwaltungsgericht machte ihm am späten Mittwoch einen Strich durch die Rechnung. Die Lizenzvergabe, so wie sie die Regierung vorbei am Nationalen Fernseh- und Rundfunkrat betrieben habe, verstoße gegen die Verfassung.

Allerdings blockiert die Opposition im Parlament seit einem Jahr die Neubesetzung dieses Rats. Die nunmehr neun Mitglieder müssen mit einer Vier-Fünftel-Mehrheit bestellt werden. Der konservativen Nea Dimokratia vor allem passt aber die ganze Richtung der Medienreform nicht.

Tsipras hatte seinen Vertrauten Staatsminister Nikos Pappas mit der Organisation der Lizenzvergabe beauftragt. Der will nun bereits nächsten Montag ein neues Gesetz im Parlament einbringen. (Markus Bernath aus Athen, 28.10.2016)