Berisha (Salzburg) spielte, St. Pölten versuchte das nur.

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St. Pölten – Vorverlegter Allerseelentag in der St. Pöltner NV-Arena. Dort hätte sich der SKN in der 12. Runde der Bundesliga mit einem Punktgewinn gegen das gastierende Red Bull Salzburg etwas vom Tabellenende absetzen können. "Wir sind oft knapp dran", hatte Karl Daxbacher vor dem Anpfiff gemeint. Und der Trainer des niederösterreichischen Aufsteigers meinte damit die Tendenz seiner Elf, in der Vergangenheit nur aufgrund von Kleinigkeiten an besseren Resultaten vorbeigeschrammt zu sein. An diesem Tag konnte davon keine Rede sein, denn unter grauen Himmeln wurde den Hausherren eine deprimierende Lehrstunde zugemessen.

Der SKN fand auf das zügige Direktspiel des Meisters ebenso keine Antwort, wie auf dessen Strategie des Frühstörens. Die Salzburger waren besser organisiert, im Herstellen von Überzahl zumeist erfolgreich, schneller in Gedanken wie auch in deren Ausführung, kurz: man spielte einfach viel besser Fußball. In dieser Manier fiel nach einer Viertelstunde auch Goal Nummer eins. Über den endlich erstmals von Beginn an aufgebotenen Marc Rzatkowski und Jonatan Soriano ging es fluide zu Hwang Hee Chan. Mit einem seelenruhigen Heber ließ der Koreaner Keeper Christoph Riegler keine Chance (14.).

Auf der Bank der Niederösterreicher war angesichts eines Torschussverhältnisses von 0:7 bald erhöhtes Interaktionsbedürfnis zu bemerken, sowohl bei Karl Daxbacher, dem Sir, wie auch dessen Co Jochen Fallmann. Der Ballbesitz ihrer Elf hatte zumeist nicht länger als ein paar Zehntelsekunden Bestand, Salzburg kontrollierte das Geschehen in aller Lockerheit, man hatte nicht das Gefühl, dass ein Grenzgang auch nur ansatzweise notwendig gewesen wäre.

Zu einfach?

Der Dringlichkeit des meisterlichen Auftritts war das allerdings nicht unbedingt zuträglich. Gegen Ende der ersten Halbzeit verlief sich der nämlich zunehmend in Beliebigkeit, die Zielgerichtetheit ging verloren. So machten die St. Pöltner zumindest auf kosmetischer Ebene bessere Figur, sie wurde ihnen quasi aufgedrängt. Dass die mit Paulo Miranda und Dayotchanculle Upamecano gebildete und also neuformierte Salzburger Innenverteidigung allerdings ernsthaft auf die Probe gestellt worden wäre, davon konnte keine Rede sein. Der SKN, dessen zunehmend verzweifelnder Ultra-Support auch nicht mehr zustande brachte als ein paar bullische Obszönitäten, kam weiterhin zu keinem Torabschluss.

Stattdessen setzte ein Energieschub Konrad Laimer in Bewegung, der St. Pölten mühelos überlief und Soriano den zweiten Treffer auf dem Silbertablett servierte. Dass Salzburgs Kapitän aus kurzer Distanz auf unbegreifliche Weise versemmelte, war allerdings belanglos. Denn mit der letzten Aktion vor der Pause holte Hwang das Versäumte nach. Er versenkte eine Flanke von Berisha per Kopf zum 0:2, erwähnenswerte Gegenwehr war erneut nicht zu bemerken (45.).

Nichts wird besser

Der Sir versuchte, mit der Einwechslung von Lukas Thürauer anstelle des unsichtbaren Lucas Segovia sein wankendes Mittelfeld zu verdichten – vergeblich. Salzburg spazierte weiter ungehindert durch die kollabierenden Schnittstellen von Daxbachers Formation. In der 50. Minute vollierte Laimer über die Latte, zwei Minuten später kollaborierten Stefan Lainer und Rzatkowski erfolgreicher: ein Zuspiel des von Berisha auf die Reise geschickten Außenverteidigers schob der Deutsche zum 0:3 in die Maschen (52.) – es war zugleich sein erster Treffer in der Bundesliga. Nun wurde es bitter für den Aufsteiger, der sich zunehmend ins Nichts aufzulösen begann. Verwaiste Flanken, gähnende Räume und ein Lainer, der auch vollstrecken kann. Zum 0:4 nämlich, noch war keine Stunde vorbei (59.).

Die Spielhälfte der Salzburger hatte sich für die Spieler des SKN längst in eine Terra incognita verwandelt. Umso verblüffender war es, dass RB-Tormann Alexander Walke den plötzlich vor ihm auftauchenden David Stec bändigen musste. Er tat dies erfolgreich, wenn auch für den Nachwuchs-Internationalen mit Schmerzhaftigkeit verbunden. Stec wand sich nach der durchaus regelkonformen Intervention Walkes eine Zeitlang angeschlagen auf dem Boden.

Dass Kevin Luckassen einen Schuss Florian Maders unhaltbar zum 1:4 abzulenken wusste (73.), wollte Salzburg dann aber doch nicht auf sich sitzen lassen. Wieder einmal ging es sehr schnell: nach einem der unzähligen Ballverluste des SKN setzte der eingewechselte Xaver Schlager den eingewechselten Fredrik Gulbrandsen auf der rechten Seite in Szene. Riegler konnte dem Schuss des Norwegers ins lange Eck nur hinterherblicken – 1:5 (77.).

Realismus ist ein Muss

In den finalen Minuten seines Schaulaufens hätte der Meister das Ergebnis ohne weiteres noch deutlicher gestalten können, es war gestattet, nach Belieben in Richtung des schmählich im Stich gelassenen Riegler zu kanonieren. Zum Glück für den von vorne bis hinten überforderten SKN, geschah dies jedoch nicht mehr mit der gebotenen Präzision.

Im Umfeld des Neulings dürfte trotzdem keine Unruhe aufkommen. Der St. Pöltner Fußballfreund ist Realist, bereits der Aufstieg der Blau-Gelben war vielen der wissenden Kiebitze wie ein Wunder erschienen. Ihnen allen war klar gewesen: in dieser Saison kann es nur um den Klassenherhalt gehen. Die heutige Partie hat diese Sicht der Dinge nur noch einmal bestärkt. So gesehen ist nicht viel passiert. (Michael Robausch, 23.10. 2016)

Bundesliga – 12. Runde:
SKN St. Pölten – Red Bull Salzburg 1:5 (0:2). St. Pölten, NV Arena, 4.385 Zuschauer, SR Schüttengruber.

Tore: 0:1 (14.) Hwang, 0:2 (45.+1) Hwang, 0:3 (52.) Rzatkowski, 0:4 (59.) Lainer, 1:4 (73.) Luckassen, 1:5 (77.) Gulbrandsen

St. Pölten: Riegler – Grasegger, Huber, Petrovic, Pirvulescu – Stec (84. Lumu), Martic, Perchtold (28. Mader), Schütz – Segovia (46. Thürauer), Luckassen

Salzburg: Walke – Lainer, Upamecano, Miranda, Ulmer – Rzatkowski (70. X. Schlager), Laimer (84. Lazaro), Samassekou, Berisha – Hwang (65. Gulbrandsen), Soriano

Gelbe Karten: Mader, Martic bzw. Ulmer