Mohammed Morsi während des Prozesses im April 2016.

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Das höchste, ägyptische Appellationsgericht hat am Samstag eine Gefängnisstrafe von 20 Jahren für den islamistischen Expräsidenten Mohammed Morsi bestätigt. Morsi, demokratisch gewählt und nach Massenprotesten im Sommer 2013 von der Armee abgesetzt, war in der Vorinstanz für schuldig befunden worden, zu Gewalt aufgestachelt zu haben, die im Dezember 2012 den Tod von mindestens zehn Demonstranten vor dem Präsidentenpalast in Kairo zur Folge hatte. Es ist der erste Prozess, bei dem alle Berufungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind.

Weitere Revisionsverfahren sind noch im Gang. In Kürze wird das endgültige Urteil über die Todesstrafe erwartet, zu der Morsi wegen eines Gefängnisausbruchs in Wadi Natroun während der Revolutionswirren vom Jänner 2011 verurteilt worden ist.

Hochrangige Muslimbrüder

Nicht nur gegen den Expräsidenten, sondern auch gegen die gesamte Führungsriege der Muslimbrüder, die später zur Terrororganisation erklärt wurde, sind dutzende Verfahren mit vielen angedrohten Todesurteilen anhängig. Internationale Menschenrechtsorganisationen haben diese Prozesse als politisch motiviert kritisiert.

Die Schockwellen des blutigen Sommers 2013 mit mehr als 1000 Toten bei der gewaltsamen Auflösung der Pro-Morsi-Protestcamps sind bis heute zu spüren. Die Welle von Mordanschlägen gegen Polizisten und Armeeangehörige, die schon hunderte Todesopfer gefordert hat, reißt nicht ab.

Am Samstag wurde außerhalb von Kairo Brigadier Adel Ragaaei vor seinem Haus von drei unbekannten Tätern mit mehreren Schüssen getötet. Auch sein Fahrer kam bei diesem Anschlag ums Leben. Ragaaei war Kommandant einer Armeedivision, die auf dem Sinai im Kampf gegen Jihadisten eingesetzt ist. Präsident Abdelfattah al-Sisi hat nach einem Treffen mit hohen Offizieren daraufhin die höchste Wachsamkeitsstufe für alle wichtigen Installationen im ganzen Land erklärt.

Im Internet hat eine bisher wenig bekannte Gruppe unter dem Namen Lewaa el-Thawra (Revolutionsbrigade) die Verantwortung für die Tat übernommen. Sie war erstmals mit einem Anschlag auf einen Checkpoint im Nildelta aufgetaucht.

Die Taten und Angriffe gegen Sicherheitskräfte werden als Antwort auf die "Massaker" vom Sommer 2013 dargestellt. Von dieser Art Minizellen gibt es in der Zwischenzeit etliche. Sie sind jenem Flügel vor allem junger Anhänger der Muslimbrüder zuzurechnen, die nichts mehr vom Gewaltverzicht, die die offizielle Politik ihrer Organisation propagiert, wissen wollen. (Astrid Frefel aus Kairo, 23.10.2016)