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Junko Tabei bestieg den Everest 1975, die Seven Summits absolvierte sie 1992.

Foto: AP Photo / Binod Joshi

Tokio – Am 16. Mai 1975 war Junko Tabei am Ziel. Mit 35 Jahren stand die 1,50 Meter große und 50 Kilo schwere Bergsteigerin aus Miharu, Präfektur Fukushima, in 8848 Meter Höhe auf dem Gipfel des Mount Everest. Wenige Tage zuvor war sie beinahe ums Leben gekommen. Die rein weibliche Everest-Expedition aus Japan war im Basislager in 6300 Meter Höhe von einer Lawine verschüttet worden. Tabei war mehrere Stunden ohne Bewusstsein gewesen, als sie ein Sherpa ausgegraben hatte. Die Japanerin, die dann auf derselben Route wie 22 Jahre zuvor der Sherpa Tenzing Norgay und der Neuseeländer Edmund Hillary zum Erfolg gekommen war, avancierte in ihrer Heimat zu einem Idol. Mit ihrer Lebenslust, ihrem Tatendrang, wurde sie für Generationen von Japanerinnen zum Vorbild.

Der Nasu, ein 1915 Meter hoher Vulkankegel unweit ihrer Heimat, war Tabeis erster Berg gewesen – sie war damals zehn Jahre alt, ein kränkliches Kind. Während des Studiums in Tokio schloss sie sich einem Bergsteigerklub an, wurde aber von den Kollegen eher behindert denn gefördert. Mit 30 Jahren gründete Tabei den Ladies Climbing Club Japan. Sie bestieg den Fuji und das Matterhorn. Ihr Traum galt aber dem Himalaja, galt dem Everest. 1975, von den Vereinten Nationen zum Jahr der Frauen ausgerufen, bot sich die Chance, nachdem der Sender Nippon TV und die Tageszeitung Yomiuri Shimbun eine weibliche Expedition finanzierten und höchst werbewirksam aus hunderten Bewerberinnen die 15 Teilnehmerinnen auswählten.

Zwölf Tage nach dem gerade noch überlebten Lawinenunglück erreicht Expeditionsleiterin Tabei mit dem Sherpa Ang Tsering den Gipfel. "Ich kann nicht verstehen, warum Männer so einen Wirbel um den Mount Everest machen – es ist nur ein Berg", soll sie nach ihrer Tat gesagt haben, die einerseits als Meilenstein der Emanzipation gefeiert und andererseits mit Hinweis auf massive Hilfe durch die Sherpas eifrig kleingeredet wurde.

In den folgenden Jahren sammelt Tabei die restlichen sechs der Seven Summits, der höchsten Berge aller Erdteile – ebenfalls als erste Frau. Sie engagiert sich für den Schutz des Himalaja und in Japan für den bergsteigerischen Nachwuchs. 2012 wurde die Krebserkrankung publik, der Junko Tabei am vergangenen Donnerstag in Kawagoe bei Tokio erlegen ist. (lü, 23.10.2016)