"Mach keinen Zirkus!" Diese umgangssprachliche Aufforderung zur Mäßigung ist zugleich ein Indiz dafür, dass es sich beim Zirkus um keine gänzlich unumstrittene gesellschaftliche Institution handelt.

Verschärft werden die Bedenken gegen den Zirkus durch Killerclowns, die momentan nicht nur in den Vereinigten Staaten gehäuft auftreten (nein: ausnahmsweise ist hier nicht Donald Trump gemeint), sondern die erstmals auch in Österreich gesichtet wurden (Schlagzeile: "Killer-Clown mit Machete schockt Wien!"). Das wirft moralische Fragen auf, die um nichts hinter Ferdinand von Schirachs welterschütterndem Terror-Melodram rangieren. Darf man von nun an vazierende Clowns zur Abwehr größeren Übels ohne weiteres über den Haufen schießen, oder bedarf es hierfür einer speziellen Risikoabwägung?

Der Krisenkolumnist steuert gerne sein Scherflein zur Einschätzung des Clownswesens bei. Bei meinen Äonen zurückliegenden Zirkusbesuchen empfand ich stets eine Hierarchie der Attraktionen. Ganz unten rangierten bei mir damals die würdelos um faulige Fische klatschenden Seehunde.

Auch die zu ridikülem Ballgewälze verdammten Eisbären konnten mich keineswegs einnehmen, schon gar nicht nach einem Zwischenfall, als einer dieser Kolosse ungeniert vor unseren Augen einen kiloschweren Kotkrapfen in die Arena-Sägespäne absetzte. Trotz allen Mitgefühls für die arktische Kreatur empfand man dies als einen Akt der Respektlosigkeit.

Die Akrobatinnen hingegen wussten kraft ihrer anregenden Trikots und allerlei beinspreizender Übungen durchaus das Interesse des jungen Mannes zu erwecken. Bei den Clowns spießte es sich. Der erratische Weißclown schreckte mit seinem bizarren Äußeren, den drei hirnrissigen Bommeln auf seinem kegelförmigen Gox sowie seinem abgrundtief witzlosen Gebaren (Saxofonspiel, "Oh mein Papa"-Gesänge).

Sympathisch hingegen fand man die farbigen Clowns, welche sich wechselseitig mit Gummihämmern so heftig auf die Köpfe hieben, dass ihnen die Wasserfontänen aus den knallroten Nasen spritzten. Angesichts der aufkommenden Unsitte der Killerclowns sollte man deren vermeintliche Harmlosigkeit aber überdenken. Vielleicht wäre sogar, analog zur Burka, ein Vermummungsverbot angebracht. (Christoph Winder, Album, 21.10.2016)