Mikrofinanzanbieter wie Oikocredit vergeben kleine Kredite, die eine große Wirkung erzielen sollen.

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Wien – Geben ist einem Sprichwort zufolge seliger als nehmen – wobei das eine das andere nicht ausschließen muss. Der Mikrofinanz-Pionier Oikocredit setzt explizit nicht auf Spenden, sondern bietet ethisch-nachhaltige Investments an, mit denen letztlich Kleinstkredite an Menschen in armen Weltregionen vergeben werden. Diesen sollen so erschwingliche Finanzierungen ermöglicht werden, mit denen sie sich wirtschaftlich auf eigene Beine stellen können.

Investoren erhalten dafür im Gegenzug von Oikocredit in der Regel eine Verzinsung von jährlich zwei Prozent, was sich im derzeitigen Nullzinsumfeld sehen lassen kann. Schließlich gilt das Angebot ab einer Anlage von 200 Euro und unterliegt keiner zeitlichen Bindung. Bloß einmal in vierzig Jahren sei nur ein Prozent zur Ausschüttung gekommen, versichert Günter Lenhart, Vorsitzender von Oikocredit Austria. Alleine in Österreich hätten rund 5200 Personen insgesamt 95 Millionen Euro bei Oikocredit investiert, weltweit seien es rund 52.000 Geldgeber, die eine Milliarde Euro auf diese Weise veranlagt haben.

Kredite und Unterstützung

In den meisten Fällen fließt das Geld an lokale Mikrofinanzinstitute in rund 70 Ländern, denen die Mittel zu durchschnittlich sieben Prozent pro Jahr zur Verfügung gestellt werden. Diese Partner vor Ort vergeben damit Mikrokredite und unterstützen die Schuldner, zumeist aus dem Agrarbereich, zudem mit Betreuung und Ausbildung. Diese müssten effektiv zwar Zinszahlung von 20 Prozent oder mehr pro Jahr leisten, das ist laut Lenhart aber deutlich günstiger als bei "privaten Geldleihern" vor Ort.

Die Ausfallsrate beziffert er dennoch mit nur drei bis fünf Prozent, wovon nur ein Prozent an Oikocredit weitergegeben werde, den Rest hätten die lokalen Partner zu tragen. Ein zusätzlicher Prozentpunkt aus den Erträgen der siebenprozentigen Darlehen sei für Währungsrisiken reserviert und drei weitere für die Verwaltungskosten von Oikokredit. Die restlichen zwei Prozent stellen Lenhart zufolge die Ausschüttung an die Geldgeber dar.

Zudem vergibt Oikocredit seit kurzem auch vermehrt Eigenkapital – etwa, um in besonders strukturschwachen Regionen den Aufbau von Partner-Mikrofinanzinstituten mit Geld und Knowhow zu unterstützen. "Das ist eine geeignete Methode um bewusst dort Strukturen zu entwickeln, wo es noch keine gibt", erklärt Lenhart. Mittelfristig soll rund ein Fünftel des gesamten Finanzierungsvolumens von Oikocredit auf Eigenkapital entfallen. (Alexander Hahn, 26.10.2016)