Bis vor kurzem war noch Verlass auf sie: arabische Gäste, die zum Beispiel auf das Kitzsteinhorn fuhren. Diesen Sommer haben Gäste aus dem arabischen Raum insbesondere Europas Städte gemieden.

Foto: Reutes / Leonhard Föger

Wien – Terror und durch Kriege ausgelöste Flüchtlingsbewegungen haben zusammen mit einem unterschwelligen Gefühl von Angst tiefgreifendere Auswirkungen auf den Städtetourismus in Europa als noch im Sommer gedacht. Leidtragende ist insbesondere die Luxushotellerie, nicht nur, aber auch in Wien.

Obwohl kein Ziel von Anschlägen, musste Wiens Fünf-Sterne-Hotellerie von Juni bis August ein Nächtigungsminus von 8,6 Prozent hinnehmen. Laut Erhebung von STR Global, einem international tätigen Marktforschungsunternehmen, ist der Erlös pro verfügbares Zimmer (RevPAR; "revenue per available room") im gleichen Zeitraum sogar um 19 Prozent zurückgegangen.

Die Zahlen zeigten, dass in dem einen oder anderen Fall versucht wurde, mit Preisnachlässen gegenzusteuern, sagte Martina Maly von der Tourismusberatung Michaeler & Partner (M & P) dem STANDARD. M & P hat bei der Untersuchung mit STR Global zusammengearbeitet.

Weniger Luxusreisende

Das Phänomen, dass Spitzen- und Luxushäuser auch in Destinationen die Folgen von Terror spüren, die davon nicht direkt betroffen sind, erschließe sich erst auf den zweiten Blick. In Wien etwa gibt es seit Jahresbeginn ein Nächtigungsplus von 3,9 Prozent. "Der Einbruch bei Luxusreisenden wurde durch andere Gästeschichten mehr als kompensiert", sagte Maly. Insbesondere Gäste aus dem arabischen Raum, deren Hauptreisezeit im Sommer liegt, hätten heuer einen Bogen um Europa gemacht und seien Richtung Amerika oder Asien ausgewichen.

Touristen aus Indien und China, die den Ausfall von Gästen aus dem arabischen Raum in der Statistik mehr als wettgemacht haben, würden in der Regel in Budget-Hotels absteigen und seltener in Fünf-Sterne-Häusern, sagte Maly. Sie rechnet damit, dass dieser Trend zumindest im kommenden Jahr noch anhalten wird. In Kombination mit der verminderten Zahl an russischen Gästen, die durch Sanktionen und die wirtschaftlich angespannte Situation im eigenen Land ausbleiben, sei dies "keine einfache Situation" für die Spitzenhotellerie. Zumal Touristen aus Russland über Jahre Stammgäste in gehobenen Häusern waren,

Noch schlimmere Rückgänge

Noch schlimmer erwischt hat es Städte, die unmittelbar von Anschlägen betroffen waren. Seit dem verheerenden Bombenanschlag, der am 22. März dieses Jahres am Brüsseler Flughafen 35 Menschen das Leben gekostet hat, sind die Auslastungszahlen der Brüsseler Hotellerie um fast 22 Prozent gesunken. Paris, das gleich mehrfach von Anschlägen betroffen war, verzeichnete über die Sommermonate ein Auslastungsminus von 13 Prozent, München eines von 6,5 Prozent.

Besonders arg hat es die Hotellerie in Istanbul getroffen. Dort ist der Logiserlös pro verfügbares Zimmer in der mittleren bis gehobenen Kategorie seit Jahresbeginn um fast 40 Prozent eingebrochen.

"Hotelbetreiber müssen rasch reagieren und dürfen nicht den Fehler machen, alles auf ein Pferd zu setzen", sagte Maly. Diversifizierung sei das Um und Auf, um gegen Rückgänge aus einem bestimmten Quellmarkt halbwegs gefeit zu sein. (Günther Strobl, 21.10.2016)