Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) hat am Mittwoch einmal mehr die Zustimmung zu Ceta verteidigt und zugleich weiteren ähnlichen Abkommen eine Absage erteilt. "Ein zweites Mal machen wir das so sicher nicht mit", erklärte Kern am Mittwoch im EU-Hauptausschuss des Nationalrats.

Der Druck auf Österreich sei groß gewesen, so der Kanzler, der von einer "ganzen Maschinerie des Drucks, formellen und informellen", sprach. In einer Institution, wo 28 Länder einen Konsens finden müssen, sei es schwierig, "als Einziger, der am Ende über bleibt, zu sagen wir nehmen unsere europäische Verantwortung nicht war", erklärte Kern, denn das habe Konsequenzen. So zum Beispiel beim Thema Stahldumping, wo Österreich derzeit auf Bündnispartner angewiesen sei. Eine Ablehnung von Ceta nach sechsjährigen Verhandlungsprozess hätte die Glaubwürdigkeit der EU-Kommission und des europäischen Projekts beschädigt.

"Schlechte Karten"

Wenn das Abkommen nur zwischen Österreich und Kanada geschlossen worden wäre und nicht zwischen der EU und Kanada, dann hätte er der Bundesregierung nicht den Vorschlag gemacht, das Abkommen zu unterschreiben. Er sei aber kein Gegner des Freihandels, betonte Kern.

Selbst wenn die Ceta-Blockade durch die wallonische Regionalregierung überwunden werden kann und Belgien der vorläufigen Anwendung des EU-Abkommens mit Kanada zustimmt, sieht Thomas Jäger, Professor für Europarecht in der Universität Wien, schwarz für die Umsetzung des Freihandelspaktes. "In seiner jetzigen Form hat Ceta hat ganz schlechte Karten", sagt er dem Standard.

Ohne rechtliche Not

Schuld daran sei die EU-Kommission, die ohne rechtliche Not auf Forderungen der Nationalstaaten auf Mitsprache bei einem Vertrag eingegangen ist, der als Handelsabkommen in die Kompetenz von Brüssel fällt. Dafür gibt es gute Gründe, erläutert der Europarechtler. "Es ist höchst unwahrscheinlich, dass bei einem solchen Thema wirklich alle 28 Staaten zustimmen, dafür ist die zivilgesellschaftliche Dynamik zu vergiftet. Deshalb ist Handelspolitik auch das Vorrecht der Kommission. Wenn sie Ceta wirklich gewollt hätte, dann hätte sie der Mitsprache nicht zugestimmt." Die Interpretation, wonach Ceta ein gemischtes Abkommen sei, das auch von den nationalen Parlamenten ratifiziert werden müsse, sei politisch motiviert.

Der EU-Rat hätte Ceta auch mit qualifizierter Mehrheit beschließen können, hat sich aber für Einstimmigkeit entschieden – und damit die Chancen weiter vermindert. Auch das deutsche Bundesverfassungsgericht habe zwar pro Ceta entschieden, aber durch seine Bedingung, wonach Staaten Ceta wieder verlassen können müssen, das Abkommen weiter geschwächt, glaubt Jäger. Wahrscheinlich werde man es liegen lassen und wenn überhaupt erst viel später umsetzen können. (ef, 19.10.2016)