"Wir haben ein neues Ziel für das nächste Kapitel der US-Weltraumgeschichte: bis 2030 Menschen auf den Mars schicken zu können. Und in weiterer Folgen Unterkünfte für längere Aufenthalte im Universum aufzubauen", schrieb Barack Obama, scheidender US-Präsident, selbsternannter "Nerd" und Weltraumenthusiast, unlängst in einem Kommentar für CNN. Neben der Marsmission hat Obama allerdings noch etliche offene Baustellen auf dem Planeten Erde. Viel Zeit bleibt ihm dafür nicht mehr.

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Barack Obama muss das Weiße Haus im Jänner 2017 verlassen. Seine zweite und damit letzte Präsidentschaft endet am 20. Jänner.
Foto: John Heller/AP

Obama ruft zur Wahlteilnahme auf

Barack Obama muss das Weiße Haus im Jänner 2017 verlassen. In der populären US-Nachrichten-Satireshow "The Late Show" hat er schon zu Beginn dieser Woche augenzwinkernd für zukünftigen Bewerbungsgespräche geübt und den Weg für seine potenzielle Nachfolgerin bereitet. Am Ende der Show bat Moderator Stephen Colbert Obama einen Nährstoffriegel, der die Welt bereist haben soll, und eine trockene Mandarine mit der Frisur eines Golden Retriever zur Auswahl an: Obama entschied sich schmunzelnd für das Erstere. Nach acht Jahren Präsidentschaft sagen zumindest die Umfragen gute Chancen voraus, dass er an seine demokratische Kollegin und ehemalige innerparteiliche Rivalin im Wahlkampf 2008, Hillary Clinton, übergeben kann.

Obama gastierte am Montagabend in der "Late Show".
The Late Show with Stephen Colbert

Guantánamo bleibt, Sanktionen gegen Kuba aufgelockert

2008, am Anfang seiner Präsidentschaft, waren die Erwartungen an Obama hoch. Am Ende seiner Amtszeit versucht er nun seine einstigen Versprechen zu erfüllen und Stellung zu aktuellen Ereignissen zu nehmen. Und die Liste der Ankündigungen war lang. 2009 versprach er beispielsweise, das Gefangenenlager in Guantánamo innerhalb eines Jahres zu schließen. Obwohl er es schaffte, die Anzahl der Häftlinge von mehreren hundert auf 61 zu senken, ist ihm eine komplette Schließung nicht gelungen. Seine eigene Regierung stand ihm dabei im Weg, vor allem aber die Gegenstimmen aus dem republikanisch dominierten Kongress und dem Pentagon.

Immerhin ist eine Lockerung der Beziehungen zwischen Kuba und den USA, die ein halbes Jahrhundert auf Eis gelegen waren, in Obamas Amtszeit erfolgt. Im Juli 2015 nahmen die beiden Länder ihre diplomatischen Beziehungen wieder auf. Ende vergangener Woche kündigte US-Handelsminister Jacob Lew weitere Sanktionslockerungen an. Von nun an sollen der wissenschaftliche Austausch im Bereich der Medizin und der Import kubanischer Waren wie Rum und Zigarren in die USA leichter sein.

Obama hat vor allem in der Innenpolitik viel erreicht; mit Obamacare setzte er eine USA-weite Gesundheitsreform durch, die der "New Deal"-Präsident Franklin D. Roosevelt bereits vor achtzig Jahren angestrebt hatte. Weiters hat Obama die Arbeitslosenrate gesenkt, die Macht der Wall Street per Gesetz eingeschränkt und die Abschiebung von Millionen illegalen Migranten per Dekret verhindert.

"Obameter" überprüft Obamas Versprechen

Die Plattform "Politifact", die sich mit der Überprüfung von Politikeraussagen und -versprechen befasst, hat eine umfassende Liste von Obamas Versprechen erstellt. Im sogenannten Obameter sind derzeit rund 540 Aussagen Obamas erfasst. 45 Prozent seiner Versprechen hat er laut der Plattform gehalten, 22 Prozent gebrochen, bei 26 Prozent handelt es sich um einen Kompromiss; der Rest ist noch im Umsetzungsprozess.

Zu den "Top 25" gehört laut "Politifact" etwa das Folterverbot, das Obama 2008 durchsetzte. "Politifact" versieht dieses Versprechen mit einem simplen "eingehalten", Kritiker jedoch betrachteten es lange als zu oberflächlich geraten. Da Obama das Folterverbot als "Executive Order" erlassen hatte, hätte es der nächste Präsident einfach wieder aufheben können. Im Juni 2015 hat der Senat das Verbot dann allerdings auf die Gesetzesebene gehoben und dadurch sichergestellt, dass Folter nicht mehr gerechtfertigt oder uminterpretiert werden kann, wie das in der Bush-Ära der Fall war.

Ein Versprechen, das Obama nicht einlösen konnte, war eine US-Klimaschutzregelung gegen die Erderwärmung. Obama versuchte in seiner Amtszeit mehrmals ein Gesetz zu verabschieden, das US-Kraftwerke zwingen würde, ihren CO2-Ausstoß bis 2030 um ein Drittel zu verringen. Die Kraftwerke gelten in den USA als die größten Umweltverschmutzer. Im Februar folgte der nächste Rückschlag, als der Oberste Gerichtshof Obamas Pläne blockierte. Eine endgültige Entscheidung hat der Gerichtshof aber noch nicht getroffen.

Erfolg bei IS-Bekämpfung in Mossul dürfte Obamas Außenpolitik "retten"

Eine Baustelle blieb weiterhin die US-Nahostpolitik. In der "Late Show" am Montag sprach der Moderator auch Obamas Friedensnobelpreis an. "Wofür war der eigentlich?", fragte Colbert. "Ehrlich gesagt weiß ich es immer noch nicht", sagte Obama und löste eine Lachsalve im Publikum aus. Kritiker sehen in der Nahostfrage keine Friedensbestrebungen Obamas.

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Barack Obama erhielt 2009 den Friedensnobelpreis für seine Bemühungen um bessere internationale Beziehungen und Zusammenarbeit.
Foto: oBjorn Sigurdson Pool/EPA

Khaled Elgindy, Nahostexperte der Washingtoner Brookings Institution, meint gar, Obama könnte den Tod der Zweistaatenlösung für Israel eingeleitet haben. Drei Monate bleiben ihm noch, um einen Entwurf für ein Nahostabkommen vorzulegen, etwa in Form einer UN-Resolution. Angesichts der kühlen Beziehungen zwischen Obama und dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu scheint es aber wahrscheinlicher, dass die Baustelle Nahostkonflikt an den kommenden US-Präsidenten übergehen wird.

Als "October Surprise" kam zuletzt das Engagement der USA, an der Spitze einer internationalen Allianz das irakische Militär und kurdische Peschmerga-Kämpfer bei der Vertreibung der IS-Miliz aus der Stadt Mossul zu unterstützen. Sollte die Offensive, die seit Montag läuft, erfolgreich sein, würde das einen großen außenpolitischen Erfolg Obamas bedeuten. Auch die republikanischen Vorwürfe, Obama habe im Kampf gegen den IS zu wenig getan, würden dadurch entkräftet, kommentierte das Nachrichtenportal "Politico".

Trump als Bedrohung der Demokratie

Aber auch in den laufenden US-Wahlkampf bringt sich Obama zuletzt verstärkt ein. Nachdem Donald Trump Hillary Clinton wegen der E-Mail-Affäre mit Gefängnis gedroht hatte, äußerte Obama seine Sorge um den Zustand der Demokratie in den Vereinigten Staaten.

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Obama spricht auf einer Wahlkampfveranstaltung Clintons im Bundesstaat Ohio und ruft zu einer frühzeitigen Stimmabgabe auf. Das "Early Voting" hat in Ohio bereits am 12. Oktober begonnen.
Foto: Jeff Swensen/Getty Images

"Der Fortschritt, den wir in diesen acht Jahren gemacht haben, steht jetzt auf dem Spiel", sagte Obama vergangene Woche in einer Rede auf einer Clinton-Wahlkampfveranstaltung in Cleveland, Ohio. Obwohl viele seiner Erfolge nicht zu bestreiten sind, hat Obama seinem Nachfolger ein schwieriges politisches Erbe hinterlassen. (Anja Malenšek, 21.10.2016)