Clintons Wahlkampfleiter John Podesta sieht sich bloßgestellt.

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Washington/Wien – Handfeste Skandale oder gar Beweise für Illegales gibt es bisher zwar nicht: Unangenehm sind sie für die Kampagne Hillary Clintons aber doch. Mittlerweile fast im Tagestakt laufen die gehackten E-Mails von Clintons Wahlkampfchef John Podesta auf der Enthüllungsplattform Wikileaks. Über 11.000 sind mittlerweile an der Öffentlichkeit, insgesamt sollen es bis zu 50.000 sein. Versuche des Wahlkampfteams, die Veröffentlichungen als russische Propaganda darzustellen, verlaufen im Sand – trotz der auffälligen Zusammenarbeit zwischen Wikileaks und Russlands Staatsmedien RT und Sputnik.

Denn der Inhalt hat durchaus das Potenzial, Clinton zu schaden – auch wenn es in den meisten Fällen eher um schlechten Eindruck geht als um wirklich unlauteres Verhalten. So sind unter den veröffentlichten Texten etwa Reden vor Wall-Street-Bankern, in denen Clinton Verständnis für deren Sorgen vor zu großer Regulierung äußert – sich allerdings trotzdem nicht dagegen ausspricht.

"Bastardisierung des Glaubens"

Ungünstig in einer Wählerschicht, auf deren Stimmen Clinton baut, sind E-Mails einer Beraterin, die Katholiken und Evangelikalen – nicht ganz zu Unrecht – unterstellt, Träger der konservativen Bewegung zu sein, und die in dem Zusammenhang von "Bastardisierung des Glaubens" spricht.

Für schlechte Stimmung dürfte zudem jene Mail sorgen, in der ein Vertrauter des New Yorker Exbürgermeisters Michael Bloomberg kundtut, sein Chef würde sich an einer Clinton-Regierung höchstens als Außenminister beteiligen. Und jene, in der Berater Clintons schreiben, die Kandidatin halte Nahostverhandlungen, die nur zum Schein geführt würden, für besser als gar keine.

Clinton will weniger glatte Slogans

Andere Schreiben zeigen Clinton wiederum als fordernde Chefin, die ihre Probleme realistisch einschätzt: Zu Beginn ihrer Kampagne soll sie sich etwa bei ihrem Team beschwert haben, dauernd "umfragegetestete Parolen zu bekommen, die nicht funktionieren". Mitarbeiter loben in der Folge Formulierungen, "die sich Clinton selbst einfallen lassen musste, weil wir ihr nichts zur Verfügung gestellt haben, was gut genug ist".

Freilich gibt es auch Kritik an der Kandidatin. Sie solle sich für die Affäre um ihren E-Mail-Server einfach entschuldigen, schreiben da Mitarbeiter. Das werde sie aber nicht tun – "Entschuldigungen sind ihre Achillesferse". (mesc, 16.10.2016)