Nach den atmosphärischen Tiefpunkten des vergangenen Winters, als kriminelle Taten einzelner Asylwerber Rückschlüsse auf Flüchtlinge insgesamt zu liefern schienen, hat sich die Stimmung im Land ein wenig beruhigt. Doch wie die Lage tatsächlich einzuschätzen ist, wagen viele Menschen nicht abschließend zu sagen.

Hier liefern die vom Innenministerium dem Ministerrat zur Verfügung gestellten Asylzahlen wichtige Hinweise – zumal sie in Zeiten einer obergrenzenbeobachtenden Regierung recht detailliert sind. Zum Ersten: Der Massenandrang ist vorbei. 38,7 Prozent weniger Asylanträge bis Ende September im Vergleich zum gleichen Zeitraum des Vorjahres sprechen eine klare Sprache. Dass aber der Preis für diesen Rückgang, der nach den Rekordankünften des Vorjahres bei Behörden und Helfern zum Aufatmen führte, das Verharren tausender Kriegsflüchtlinge unter brandgefährlichen Bedingungen ist, sollte nicht verdrängt werden.

Zweitens: Im Bestreben, die Flüchtlingszahlen im Land zu verringern, setzt Österreich sehr auf die Anwendung der Dublin-Regelung. De facto ist diese ja auch der einzige funktionierende Flüchtlingsumverteilungsmechanismus in der EU. Doch damit werden tausenden Flüchtlingen dessen Schwerfälligkeiten und Härten aufgebürdet. Und Helfer werden frustriert, weil sie nicht verstehen, warum man Flüchtlinge nach Monaten des Sich-Einfindens partout nach Kroatien, Slowenien oder Ungarn verpflanzen will. (Irene Brickner, 13.10.2016)